Auf einen Chai mit Janina Singh

Ein Gespräch mit der Kandidatin fürs Europäische Parlament

Die nächste, zehnte, Europawahl findet am 9. Juni 2024 statt. Mehr als 400 Millionen Wahlberechtigte aus 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union wählen ihr Parlament neu. Von insgesamt 705 Sitzen bestimmen die Deutschen für die nächsten 5 Jahre 96 Sitze. Diese Wahl ist von zentraler Bedeutung, denn in Europa müssen Antworten auf die großen Herausforderungen und Krisen unserer Zeit gefunden werden.

Janina Singh kandidiert in diesem Jahr fürs Europäische Parlament in Brüssel. Mit dem 1. Unterstützungsvotum ihres Landesverbandes NRW wurde sie auf der 49. Grünen Bundesdelegiertenkonferenz auf Listenplatz 19 gewählt.

1995 geboren, verfügt sie bereits über einige politische Erfahrung. Nach Ihrem Studium arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundestag zu dem Komplex Forschung und Technikfolgenabschätzung. Sie ist eine Hälfte der Doppelspitze des Grünen-Kreisverbands Siegen-Wittgenstein, engagiert sich in verschiedenen Räten auf Landes- und Bundesebene, z.B. im Diversitätsrat sowie als Koordinatorin von BuntGrün NRW. Für Europa würde sie sich gern den Themen Digital- und Innovationspolitik, Antirassismus und Vielfalt, den Rechten von Minderheiten sowie - in der eigenen Biografie fußend -, der generellen Zusammenarbeit mit Indien widmen.

Zur Person

Janina Singh, mit Blick auf die Europapolitik in Brüssel, kennen die allerwenigsten die bereits Amtierenden oder Delegierten, geschweige denn diejenigen, die zur Wahl antreten. Das ist ja auch bei der Landespolitik so, am ehesten sind den Wählern wohl die Bundespolitiker*innen geläufig. Von daher: vielleicht verrätst du uns zuerst etwas über deine Person, zu deinem Werdegang.
Ich bin 28 Jahre alt und wohne und arbeite in Siegen und Berlin. In Siegen bin ich zur Schule gegangen und habe hier auch studiert. Nach meinem Bachelor in europäischem Wirtschaftsrecht habe ich einen Master in Pluraler Ökonomik erworben. In meinem Master habe ich traditionelles Management mit modernen Ansätzen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verbinden können. Ich habe mich mit systemischer Organisationsentwicklung, Verhaltensökonomie, Nachhaltigkeit, Ethik und Innovationsmanagement beschäftigt. Während meiner Auslandsaufenthalte - ich erhielt ein Stipendium für die Spring School in Baku und verbrachte ein Erasmus-Semester in Rom - hatte ich die großartige Gelegenheit, in internationalen Teams zu arbeiten und erkannte Vielfalt und Empathie als Schlüssel zu unseren Erfolgen. Zurzeit arbeite ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundestag an den Themen Forschung und Technikfolgenabschätzung. Mein Fokus liegt auf Digital- und Innovationspolitik, Rechten von Minderheiten, der Zusammenarbeit mit Indien, Antirassismus und Vielfalt.

Und was machst du außerhalb der Politik gern, wofür schlägt dein Herz in der Freizeit? Oder gibt es derzeit gar keine Freizeit mehr?
Wenn ich mal nicht für die Grünen unterwegs bin, powere ich mich gerne beim Krafttraining aus, gehe eine Runde im Wald spazieren oder versuche beim Lesen oder Puzzeln mal den Kopf freizukriegen. Am liebsten lese ich Bücher von Frauen, die allen Widrigkeiten zum Trotz für ihre Träume kämpfen und ihre Stimmen erheben, um Veränderung zu bewirken. So wie Maya Angelou, ihre Biografie inspiriert mich immer wieder aufs Neue.

Auf Europaebene können nun erstmals auch 16jährige wählen; ich nehme an, diese Forderung der Ampel in Deutschland auch für die Bundestagswahlen begrüßt du generell? Auf die Jugend kommt es ja an, die sich beileibe nicht als letzte Generation verstehen sollte.
Die Ausweitung des Wahlrechts auf 16-Jährige auf europäischer Ebene ist zweifellos ein positiver Schritt hin zur Förderung der Jugendbeteiligung. Und natürlich wäre es großartig, wenn wir das Recht zu wählen auch auf Bundesebene auf 16 senken würden. Jugendliche bringen frische Perspektiven und legitime Anliegen in den politischen Diskurs ein. Ihre aktive Beteiligung stärkt die Demokratie und sorgt auch dafür, dass die Anliegen der Jugend in der Politik repräsentiert werden.

Wie und wann wurde denn dein Interesse fürs politische Leben geweckt? Wie kamst du zur Politik und warum zu den Grünen?
Als Kind wollte ich immer Rechtsanwältin werden. Das ist vielleicht für ein Kind ein etwas ungewöhnlicher Berufswunsch, aber ich glaube, ich hatte schon früh das Bedürfnis, mich für das - zumindest in meinen Augen - Richtige und für andere einzusetzen. Zur Politik bin ich erst während meines Studiums gekommen. Ich habe Plurale Ökonomik studiert, weil mir viele der wirtschaftswissenschaftlichen Modelle, die ich in meinem Bachelor kennengelernt habe, keine Antwort auf aktuelle, auch politische Fragen geliefert haben. Ich durfte mich so mit den Themen Nachhaltigkeit, Verhaltensökonomie, Innovation und auch mit alternativen Managementansätzen beschäftigen. Die Grünen standen für mich immer für eine offene und wertegeleitete Partei, mit der ich mich am meisten identifizieren konnte.
 
Gibt es einen besonderen Beweggrund in die große Europapolitik, die ja doch einen Hauch von Weltläufigkeit genießt, einsteigen zu wollen? Oder ist eine solche Entscheidung sehr wahrscheinlich, wenn man sich durch Engagement der Politik annähert, vielleicht erste, zweite, dritte Ämter bekleidet, sich dann zwangsläufig irgendwann auf der Liste für höhere Aufgaben wiederfindet? Und natürlich dein Studium des Europäischen Wirtschaftsrechts nicht zu vergessen – vielleicht prädestiniert dich das geradezu?
Unsere Demokratie lebt von Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, Lebensläufen und Perspektiven, die sich in unseren Parlamenten, aber auch in den Parteien einbringen. Als Europakandidatin möchte ich mich besonders für Menschen stark machen, die in unserer Politik zu wenig gehört werden, in unseren Parlamenten unterrepräsentiert sind und gleichzeitig gerade jetzt kritisch und besorgt auf die Entwicklungen in der EU schauen.

Was macht deiner Meinung nach eine gute Politikerin oder einen Politiker aus?
Ich glaube, dass Teamfähigkeit, Empathie und Authentizität in der Politik extrem wichtig sind und am Ende auch darüber entscheiden, wie erfolgreich eine Politikerin oder ein Politiker ist. Auch wenn man die größte Expertin in seinem Themenfeld ist, kommt man nicht weit, wenn man es nicht schafft, andere Menschen zu begeistern und auf die Reise mitzunehmen.

Und hast du vielleicht politische Vorbilder oder gibt es Personen, deren Arbeit du bewunderst?
Aminata Touré, vereint für mich ganz viel, was eine gute Politikerin ausmacht: Empathie, Nahbarkeit, Authentizität und eine klare Art der Kommunikation. Als erste Landtagsabgeordnete mit afrikanischen Wurzeln in Deutschland brachte sie auch die Perspektive von Menschen mit Migrationshintergrund in die Politik ein. In Schleswig-Holstein ist sie derzeit Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung et cetera.

Zu dir persönlich kann ich sagen, eine gewisse Unerschrockenheit, feste Überzeugungen, sicherlich Zielstrebigkeit, aber auch ein gesunder Pragmatismus sind dir eigen; würdest du da zustimmen oder aus eigener Perspektive noch Eigenschaften ergänzen wollen?
Ja, ich stimme zu. Unerschrockenheit, feste Überzeugungen und Zielstrebigkeit sind in der Tat Eigenschaften, die mir wichtig sind. Als grüne Europakandidatin liegt mein Fokus darauf, nachhaltige und zukunftsorientierte Lösungen zu finden. Der gesunde Pragmatismus ist dabei entscheidend, um realistische Schritte in Richtung ökologischer und sozialer Transformation zu gehen. Es erfordert eine gewisse Balance, um die grünen Werte in politische Maßnahmen umzusetzen und gleichzeitig die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.

Welche Themen sind es, die dich persönlich gerade am meisten beschäftigen oder dir möglicherweise wirklich nahegehen? Ich meine, viele tun sich in diesen Zeiten mit den immer neuen Krisennachrichten sehr schwer.
Mich bewegen besonders die drängenden Umwelt- und Klimafragen sowie die sozialen Herausforderungen unserer Zeit. Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung, die sofortiges und entschlossenes Handeln erfordert. Es geht nicht nur um ein bisschen Umweltschutz, sondern um die Schaffung einer nachhaltigen, gerechten und sozialen Gesellschaft. Die sozialen Fragen sind für mich genauso bedeutsam. Klimaschutz funktioniert nur im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit. Eine grüne Politik muss die Lasten und Vorteile des Übergangs zur Klimaneutralität gerecht verteilen. Wir müssen eine inklusive Gesellschaft schaffen, in der alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, am Wohlstand und Fortschritt teilzuhaben. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sind keine Gegensätze, sondern funktionieren nur gemeinsam.

Ich finde ja, wir sollten statt von “Klimaschutz” - weil es ein viel zu allgemeiner Begriff und auch ein Euphemismus ist, der den Blick in die falsche Richtung lenkt - eher von “Lebewesen- oder Menschenschutz” sprechen. Das Klima selbst muss ja nicht geschützt werden. Genauso sollten wir wir den distanzierenden Begriff “Umwelt” durch die weniger distanzierende Vokabel "Mitwelt" ersetzen. So wie merkwürdigerweise der Journalismus und auch die Klimaprofis derzeit oft noch reden, benutzt man ja begriffliche Unschärfen. Und in dieser Weise korrigiert, trifft es das Ganze m.E. eher. Es ist einfach konkreter…
Was mich aktuell auch bewegt, ist der wachsende Rechtsruck in Europa. Wir beobachten eine Zunahme nationalistischer und populistischer Strömungen, die oft von Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und einem Rückzug in nationale Abschottung begleitet werden. Dieser Trend bedroht nicht nur die Grundprinzipien der europäischen Einigung, sondern auch die Werte von Toleranz, Vielfalt und Menschenrechten.

Genau: Wer in der Demokratie schläft, kann in der Diktatur aufwachen! Christian Kullmann, der Chef des Chemiekonzerns Evonik, warnte nach dem Wahlerfolg in den Niederlanden vor dem Erstarken der Rechtspopulisten: „Demokratie ist kein Schönwetterprogramm, Demokratie hat auch sehr viel mit Pflicht zu tun.  Es genügt nicht, auf der Couch zu sitzen.“ Welche sind die drängendsten Themen, die bei deinem alltäglichen politischen Engagement Priorität genießen? Und im Hinblick auf Europa: Was wären die wirklich großen Themen dort? Es betrifft ja immer auch Bereiche, die in Brüssel beschlossen, dann auf kurz oder lang natürlich auch Auswirkungen aufs Regionale und das Kommunale haben.
Angesichts des wachsenden rechten Einflusses in Europa brauchen wir Führungspersönlichkeiten im Europaparlament, die energisch gegen Hate Speech und Diskriminierung kämpfen und wissen, was es bedeutet, selbst Rassismus zu erfahren. Als Kandidatin für das Europaparlament möchte ich mich für Menschen stark machen, die in unserer Politik zu wenig gehört und zu wenig repräsentiert werden. Seit 3 Jahren bereits setze ich mich bei BuntGrün…

…ein Bündnis, das du mit ins Leben gerufen hast…

… dafür ein, dass wir die Perspektive der People of Color (POCs) in unserer Partei mit einbeziehen. Genau hier möchte ich ansetzen und auf europäischer Ebene weitermachen. Und ich möchte mich für eine Innovationspolitik einsetzen, die Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit verbindet. Durch enorm lernfähige Algorithmen in Apps wie TikTok oder X und Chatbots wie ChatGPT wird das Potenzial künstlicher Intelligenz (KI) für uns als Gesellschaft immer greifbarer. Genauso deutlich wird aber auch: KI braucht klare ethische Richtlinien. Innovationen bilden eine Lösung im europäischen Engagement zur Bewältigung aktueller Krisen im Bereich Klima, Gesundheit und Gesellschaft. Unsere Wirtschaft muss aber auch fairer, gerechter, vielfältiger werden. Das Lieferkettengesetz und faire Handelsverträge sind wichtige Beiträge für eine global gerechtere Wirtschaft. Wir brauchen Zukunftsarchitekt:innen, die unsere Gesellschaft sozial-ökologisch umbauen und dabei Lösungen gestalten, die den Menschen in den Mittelpunkt allen Schaffens stellen. Das ist mein Anspruch und dafür möchte ich mich einsetzen.

Eine große Gefahr der künstlichen Intelligenz ist sicher ein radikaler Abbau von Arbeitsplätzen, die Urheberrechte werden massiv betroffen sein, demokratische Prozesse könnten erodieren, da sich auch die Diskriminierung verstärken wird. Die KI-Pioniere rufen selbst schon nach einer Regulierungsbehörde…  Eine oft gestellte Frage zur Person, ich weiß, aber bist du lieber gegen etwas oder für etwas? …. Und warum? Ich glaube daran, dass wir eine positive Vision für die Zukunft brauchen, um echten Wandel zu bewirken. Natürlich gibt es viele Dinge, gegen die wir kämpfen müssen, sei es Rassismus, soziale Ungerechtigkeit oder die Klimakrise. Aber die treibende Kraft hinter der Politik ist meiner Meinung nach die Überzeugung, dass wir durch konstruktive, lösungsorientierte Ansätze und kluge Köpfe eine nachhaltige, gerechte und zukunftsorientierte Gesellschaft aufbauen können. Es geht darum, nicht nur die Probleme anzuprangern, sondern aktiv an deren Lösung zu arbeiten. Also, ich bin definitiv eine Politikerin, die sich eher stark für etwas engagiert.

Kann dich auch so richtig, was auf die Palme bringen? Oder ruhst du in dir selbst?
Natürlich gibt es Momente, in denen es für mich schwer ist, ruhig zu bleiben, besonders wenn es um Themen geht, die mir sehr am Herzen liegen. Ungerechtigkeiten, Diskriminierungen oder ein Rückschritt in Bezug auf demokratische Werte können mich wirklich wütend machen. Aber es ist auch wichtig, auch in hitzigen Momenten einen klaren Kopf zu bewahren. Politik braucht Emotionen. Das ist so und ich denke, sie treiben mich auch an. Ich versuche so, diese Emotionen in konstruktive Energie umzuwandeln.

Europa

Hättest du spontan ein paar Gedanken zum Grundsätzlichen der europäischen Idee? Das Europäische Parlament ruft ja aus verschiedenen Gründen – ob berechtigt oder nicht – bei nicht allen Begeisterung hervor.
Die europäische Idee ist für mich eine Vision der Zusammenarbeit, Solidarität und Friedenssicherung auf unserem Kontinent. Europa wurde nach den Erfahrungen von Kriegen und Konflikten geschaffen, um eine Gemeinschaft zu bilden, die auf dem Respekt vor Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit basiert. Es ist ein ehrgeiziges Projekt, das darauf abzielt, nationale Grenzen zu überwinden und eine gemeinsame Identität zu schaffen.

Ein zukünftig föderales Europa, das uns ja allen im alltäglichen Leben schon jetzt enorm viel Positives gebracht hat, daran muss man vielleicht auch mal erinnern - was man hat, nimmt man ja mit der Zeit als selbstverständlich war -, die offenen Grenzen durch Schengen, den Euro, das Erasmus-Programm. Aber dann hat man auch so jemanden wie Orban, der mit Ungarn auf dem besten Weg ist, die Demokratie zu verlassen und sich in Europa permanent verweigert. Eigentlich hat so ein Land mit der EU - wie du sagst, ist sie schließlich ja auch ein Friedensprojekt - doch nichts mehr gemein, da es die europäischen Werte mit Füßen tritt, indem es andere Meinungen nicht wertschätzt, den Respekt vor den Menschen verliert, Minderheiten nicht zu schützen bereit ist und überhaupt hinter Freiheit und Demokratie ein großes Fragezeichen setzt.
Ja, die kommende Europawahl spielt eine entscheidende Rolle für die Zukunft Europas. Mehr denn je, ist es jetzt wichtig, demokratische und proeuropäische Mehrheiten im Europäischen Parlament zu gewinnen. Diese Mehrheiten sind notwendig, um die gemeinsamen Werte der EU zu verteidigen, Maßnahmen gegen die Klimakrise zu beschließen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und die Zusammenarbeit in Bereichen wie Forschung, Innovation und Sicherheit zu stärken.

Schon krass, dass man überhaupt explizit darauf hinweisen muss: In einem EU-Parlament sollten proeuropäische Mehrheiten eine Selbstverständlichkeit sein!
Wir müssen den Wähler:innen vermitteln, dass ihre Stimme bei der Europawahl direkten Einfluss auf die Ausrichtung der EU-Politik hat. Es geht nicht nur um eine einzelne Wahl, sondern um die Kontinuität einer demokratischen und pro-europäischen Ausrichtung in der EU.

Es existieren Warner, und du zählst nun auch dazu, die den erschreckenden Gedanken formulieren, dass die EU unregierbar werden könnte, falls Grüne, Sozialdemokraten, EVP und Liberale zusammen keine Mehrheit erringen und die Gegner, eine vielleicht erstarkte AfD eingerechnet, dann sämtliche Gesetzesvorhaben blockieren. Sozusagen Brüssel im eisigen Wind von rechts.  Der britische Historiker und Publizist Timothy Garton Ash empfiehlt, die eigentlichen Probleme effektiv anzugehen, statt sich rhetorisch den Populisten anzunähern, wie es Friedrich Merz bisweilen leider tut. Die ungelösten Probleme seien es, die den Rechten einen Zulauf bescheren. Gehst du da mit?
Ich glaube auch nicht, dass die Antwort darin besteht, den Populisten rhetorisch entgegenzukommen, sondern vielmehr darin, wie du schon sagst, konkrete Lösungen für die tatsächlichen Probleme anzubieten, mit denen die Bürgerinnen und Bürger konfrontiert sind. Wir müssen uns darauf konzentrieren, die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen anzugehen, die viele Menschen verunsichern und dazu führen, dass sie sich rechtspopulistischen Bewegungen zuwenden. Da hat Garton Ash völlig recht. Dazu gehört am Ende auch eine Kommunikation für und mit den Bürgerinnen und Bürgern, die verständlich ist. Ich finde es beispielsweise sehr gut, wie Robert Habeck versucht, alle bei seinen Entscheidungen mitzunehmen und wie er das, vor allem auch auf Social Media kommuniziert: ruhig, sachlich und geordnet.

Wenn sich die Politik nicht den Sorgen der Bürger widmet, zeigt sich dann auch durch den Wahlsieg eines Radikalnationalisten, z.B. Geert Wilders in den Niederlanden, ein Fremdenfeind und Nationalist sondergleichen, der als Profiteur einer solchen Situation hervorgeht. Seine Friedfertigkeit im Wahlkampf wird konterkariert durch sein Programm. „Bitte anschnallen", schrieb die Süddeutsche: „Verbot des Korans, Schließung aller Moscheen und islamischen Schulen im Land, Referendum zum Austritt aus der EU, Klima- und weite Teile der Umweltpolitik komplett streichen, Türkei aus der Nato werfen, keine Waffen für die Ukraine, Stopp der Sanktionen gegen Russland, totaler Asylstopp, durchgesetzt von Soldaten an der niederländischen Grenze.“ Dazu käme die Abschaffung sogenannter „unsinniger Subventionen“ für Kunst, Kultur, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. So löst man kein Problem, so schafft man welche. Und das mit Wählerstimmen aus wirtschaftlich eher links- sowie gesellschaftspolitisch und kulturell eher rechtsstehenden Milieus. Dieselbe Klientel übrigens, die in Deutschland von Sahra Wagenknecht in den Blick genommen wird. Oder demnächst auch noch von Hans-Georg Maaßen, der die WerteUnion als Partei gründen möchte, um dann schon bei den Landtagswahlen 2024 erstmals anzutreten… Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist ein Zusammenschluss, der sich durch Putin-Hörigkeit, Anti-Amerikanismus, Europa-Skepsis und einen Ein-Personen-Kult auszeichnet. Diese gesellschaftlich rechte und staatswirtschaftliche Agenda ist nicht nur gefährlich, sondern auch zutiefst bedenklich für die demokratischen Grundwerte, für die wir stehen. Eine solche Gruppierung, die kaltblütig die Hilfe für Länder wie die Ukraine und Israel vorenthält und darauf abzielt, unser Land in alte und neue Abhängigkeiten zu stürzen, ist für eine progressive und zukunftsorientierte Politik nicht tragbar. Wir brauchen eine Politik, die auf Zusammenarbeit, Solidarität und auf dem Respekt vor demokratischen Institutionen basiert. Und keinesfalls auf Spaltung, Isolation und autoritären Tendenzen.

Emily Büning, die Geschäftsführerin der Grünen, hat vor Kurzem gesagt, in Europa hätten die Grünen viel erreicht, z.B. die europäische Union auf Klimakurs gebracht. Es gibt das Verbrenner-Aus, die Ausbauziele für die Erneuerbaren wurden hochgeschraubt und Millionen stehen für Klimainvestitionen bereit. Die Übergewinnsteuer nicht zu vergessen. Die Grünen sind also eine treibende Kraft, auch für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Viktor Orban hat man z.B. nicht mehr einfach so gewähren lassen. Europas Außenpolitik sei grüner und sicherer, die Übermacht von Google und Co. wurde ein wenig in die Schranken verwiesen. Kurzum: es gibt handfeste Verbesserungen für die Menschen. Was gibt es dann überhaupt noch zu tun? Was glaubst du dort in Brüssel vielleicht erreichen zu können und für wen? Die Grünen in der EU haben in der Tat wichtige Fortschritte erzielt und das in ganz vielen Bereichen, von der Klima- bis zur Sozialpolitik. Diese Erfolge sind jedoch nicht das Ende des Weges, sondern ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es gibt noch jede Menge zu tun! In Brüssel und im Europäischen Parlament könnte ich mich z. B. weiterhin für ambitionierte Klimaziele einsetzen, die sicherstellen, dass die EU ihre Verpflichtungen im Rahmen des Pariser Abkommens erfüllt. Im Bereich der Digitalisierung und Wirtschaftspolitik ist es wichtig, den Einfluss von Tech-Giganten zu regulieren und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Hierbei spielt dann auch eine engere, aber auch auf Weitsicht ausgerichtete Zusammenarbeit mit Indien eine immer größere Rolle.

Indischer Protektionismus, damit einhergehende hohe Zölle und das Fehlen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und Indien erschweren es uns aktuell noch, Indien in unsere Lieferketten einzubinden. Als EU müssen wir die Wichtigkeit einer engen Partnerschaft anerkennen und diese ausbauen. Der EU-India Trade and Technology Council markiert einen wichtigen Schritt in diese Richtung. In der EU strebe ich eine Politik an, die sozial gerecht ist und sicherstellt, dass alle die gleichen Chancen haben, eine Politik die für die Menschen gemacht wird. Das bedeutet auch, sich weiterhin für den Schutz der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie in der gesamten EU einzusetzen. Kurz gesagt, ich wiederhole mich, aber es gibt wirklich noch viel zu tun.

Die andere Seite der Medaille sei nicht unerwähnt: wir haben mit Inflation zu kämpfen, stehen am Rande einer Rezession, die Gesellschaften sind mehr oder weniger sozial gespalten. Und manches Beschlossene auf europäischer Ebene treibt die soziale Ungleichheit weiter voran. Zudem nutzen die Wähler in Europa die Europawahl gern, um ihrer jeweiligen nationalen Regierung, die eigene Unzufriedenheit zu quittieren … Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber 2024 könnte schon ein Schicksalsjahr werden, mit den Landtagswahlen in Ostdeutschland … und last but not least drängt sich in den USA im Herbst auch noch Trump wieder ins Bild.

In einer der September-Ausgaben der taz haben Daniel Cohn-Bendit und Claus Leggewie Europa eine zweite Chance attestiert. Die ungeahnte Solidarität mit der Ukraine – selbst Giorgia Meloni stimmte den Waffenlieferungen zu und Orban war gezwungen, sich zurückzuhalten – könne eine stärkere europäische Integration bewirken. Denn eigentlich herrscht ja Ernüchterung, die Briten sind raus, Polen hatte und Ungarn hat noch eine illiberale Regierung. Und wenn die Konservativen, so wie bereits in Dänemark und Italien, auch in Frankreich, Spanien, Österreich oder Deutschland mit den ganz Rechten zusammenarbeiten oder gar koalieren sollten, die vielbeschworene Brandmauer also nicht steht, dann …
... würde dies zweifellos eine erhebliche Herausforderung für die europäische Einigung darstellen. Die gegenwärtigen politischen Entwicklungen in einigen EU-Ländern, insbesondere der Aufstieg von populistischen und illiberalen Kräften, haben zu einer gewissen Ernüchterung geführt. Der Austritt der Briten und die politischen Entwicklungen in Ungarn haben die Dynamik der europäischen Integration leider stark negativ beeinflusst. Die Solidarität mit der Ukraine in Zeiten des Konflikts kann als Paradebeispiel dienen, wie die EU in schwierigen Zeiten zusammenstehen kann. Solche Herausforderungen können als Katalysator für eine verstärkte europäische Integration dienen. Dies erfordert jedoch eine kluge und gemeinsame Antwort auf die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Es ist so wichtig, dass demokratische und pro-europäische Kräfte ihre Anstrengungen verstärken, um gemeinsam für die Werte der EU einzustehen. Die vermehrte Zusammenarbeit von Konservativen mit rechtsextremen Parteien ist allerdings beunruhigend. Für uns Grüne steht fest: Eine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien wird es mit uns nicht geben. Weder auf kommunaler noch auf europäischer Ebene.

Alles hängt mit allem zusammen

Wir leben ja leider schon seit längerem in der größten Krise der Nachkriegszeit, die Politik hat lange nicht oder zu spät reagiert, nicht genügend investiert und nun kommen zu den alten noch jede Menge neue Probleme hinzu. Sie türmen sich geradezu auf, da ja bekanntlich alles mit allem zusammenhängt. Die Demokratie erfährt extreme Anfeindungen, auch in Europa. Ungarn haben wir ja bereits mehrfach erwähnt - in Polen scheint man durch die letzte Wahl jetzt gerade nochmal die Kurve zu kriegen, obwohl dort die getroffenen fatalen Entscheidungen der PIS-Regierung so schnell von Tusk auch nicht wieder zurückzudrehen sind… Dazu dann der durch die „unsozialen“ Medien gezüchtete Irrationalismus mit seinen surrealen Fake News und den absurdesten Verschwörungsmythen, die sich mit zunehmendem Radikalismus paaren, auch wegen der Aktivitäten russischer Trollfabriken. Soziale Netzwerke sind mittlerweile Gift fürs gesellschaftliche Klima und die Demokratie, ganz anders als ursprünglich gedacht.  Sie funktionieren wie eine einzigartige Radikalisierungsmaschine, in der sich ein völlig überzogener Individualismus Bahn bricht. Im Prinzip hat Social Media als solche niemals existiert, es war von Beginn an Individual Media, mit denen jeder seine eigene Meinung hinausposaunen kann, so zumindest sagt es der Neurowissenschaftler Henning Beck.
Online wie offline müssen wir gegen Hass und Hetze kämpfen. Es ist wichtig, dass wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass der digitale Raum sicher und frei von digitaler Gewalt. Mit dem grünen Gesetz über digitale Dienste sind wir hier schon einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Aber hier muss es weitergehen. Im Zuge dessen ist die Blockade der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch einige Mitgliedstaaten, vor allem Deutschland und Frankreich einfach inakzeptabel. Denn auch solche Gesetze sorgen für mehr Schutz im Netz und Gewalt gegen Frauen im digitalen Raum.

Nun machen uns Bürger die ganzen multiplen Krisen natürlich mürbe. Wir fühlen uns von den Nachrichten überfordert und manche ziehen sich aufs Private zurück. Dabei wäre es gerade jetzt vonnöten, mehr als Gemeinschaft zu denken und natürlich auch zu handeln. Müssen wir auch über Ängste sprechen und über die bröckelnde Begeisterung für die Demokratie als beste aller Lebensformen?
Ich glaube, dass sich gerade in ganz Deutschland zeigt, dass unsere Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist. So viele Menschen wie nie zuvor gehen aktuell für unsere Demokratie auf die Straße und zeigen damit klare Kante gegen Populismus, Hass und Hetze. Das macht wirklich Mut und stärkt den Zusammenhalt. Die Demos werden nicht für immer anhalten, deshalb ist es wichtig, dass wir uns die Frage stellen, wie es danach weitergeht. Klar, kann es in Parteien weitergehen. Das zeigt sich auch an unseren vielen neuen Grünen Mitgliedern, im Januar hatten wir den zweitgrößten Zuwachs an Neumitgliedern in unserer Grünen Geschichte. Aber nicht jede*r möchte sich direkt zu einer Partei bekennen. Deswegen müssen wir auch die Bürgerbeteiligung und die zivilgesellschaftlichen Bündnisse stärken. So wie z.B. das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage in Hilchenbach. Unterstützen kann man natürlich auch monetär, und auch indem man sich als Privatperson solchen Bündnissen anschließt und mitgestaltet.

Der Autor Tom Nichols schrieb schon 2016: „Wir bezeugen gerade den Tod des Ideals von Expertise selbst, ein Google-getriebener, Wikipedia-gestützter, Blog-getränkter Kollaps jedweder Trennung zwischen Fachleuten und Laien.“ Die Demokratie trete ein in eine „Todesspirale“, wenn das Vertrauen zwischen Expert:innen und Bürger:nnen aus den Fugen gerät. Vor allem die Natur-, Lebens- und Geisteswissenschaften, die in das eigene Leben hineinregieren können, stehen ja unter Beschuss. Dabei sollten Wissenschaftler die Akteure einer Gesellschaft sein, denen man am meisten vertrauen kann. Jemand wie z.B. Richard David Precht stuft sich selbst herab, entwertet aber vielleicht auch die seriöse Wissenschaft, indem er sich zu jedem Thema glaubt, äußern zu müssen, als vermeintlicher Alleswisser dabei aber gehörig in Fettnäpfchen tritt. In einer solch anstrengenden Lage versuchen auch in Deutschland, die Rechtsextremen durchaus mit System, unabhängige Experten und auch die Wissenschaft selbst zu untergraben, zu denunzieren, und wollen uns ihre kruden Vorstellungen als Vernunft verkaufen. Ansonsten gilt überall nur noch sehr egoistisch: „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“, oder? Wie kommen wir aus dem Schlamassel wieder heraus? Wie bekommen wir den Rechtsdrall gebändigt?
Tja, ich glaube, wir müssen massiv in Bildung investieren und eine evidenzbasierte Politik stärken. Das erfordert eine Forcierung der Wissenschaftskommunikation, eine Förderung von kritischem Denken und Medienkompetenz sowie eine klare Verurteilung von rechtsextremen Ideologien und Verschwörungstheorien. Am Ende zählt dazu auch politische Bildung. Wir müssen massiv in diesen Bereich investieren. Vor allem im digitalen Raum schadet die fehlende politische Bildung und die zu geringe Medienkompetenz unserer Demokratie. TikTok ist das beste Beispiel dafür. Die AfD ist auf TikTok die erfolgreichste Partei und erreicht mit ihren Inhalten vor allem sehr junge Menschen. Einen Faktencheck gibt es hier nicht und so kann die AfD ihre Fake News und Unsicherheiten ungehindert weiter teilen. Dem müssen auch wir als Grüne Politikerinnen und Politiker entgegentreten, selbst auf TikTok aktiv sein und aufklären. Es ist dabei wichtig, dass wir uns bewusst sind, dass einige Plattformen wie TikTok Bedenken hinsichtlich Sicherheit und Datenschutz aufwerfen können. Trotzdem dürfen wir solche Plattformen nicht den Rechtsextremen überlassen.

Immer noch kämpfen wir auf verschiedenen Ebenen mit den Coronafolgen bzw. -nachwirkungen, mit der Klimakrise sowieso, die eine wirkliche Katastrophe ist und die Artenvielfalt irreparabel schrumpfen lässt. Müssen wir schlimmstenfalls demnächst selbst die Pflanzen bestäuben, da es die Tiere dafür gar nicht mehr gibt? Die planetaren Belastungsgrenzen für den Verlust von Arten und Ökosystemen sind bereits überschritten. Der Rückgang der biologischen Vielfalt stellt eine ernsthafte Bedrohung für unsere Existenz dar und bildet die zweite große ökologische Krise. Um die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen zu schützen, bleibt uns nichts anderes übrig als wir entschlossen gegen die Artenkrise vorzugehen. Reduzierung von Umweltverschmutzung, die Schaffung von Schutzgebieten, die Förderung nachhaltiger Landnutzung und die Bekämpfung der Klimakrise muss höchste Priorität haben, damit wir am Ende dann hoffentlich nicht wirklich unsere Pflanzen selbst bestäuben müssen.

Dann sind, nicht nur wegen des Kriegs in Gaza oder der Ukraine, überall Menschen auf der Flucht, denen auch gar nichts anderes übrig bleibt, man muss sich doch nur mal in deren Lage versetzen, um das Verheerende einer solch ausgweglosen Situation zu empfinden. Fluchtbewegungen werden auch aus anderen Gründen noch weiter zunehmen, da z.B. Überlebensräume aufgrund der Klimakatastrophe schwinden. Harald Welzer hat schon 2008 ein Buch mit dem Titel „Klimakriege“ veröffentlicht, mit dem beunruhigenden Untertitel „Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird“. Wir wissen das alles, die Wissenschaft leistet permanent extrem gute Arbeit; aber das Problem scheint zu sein, dass wir das Problem nicht verstehen. Oder wie lassen sich sonst diese im Weg stehenden harten Beharrungskräfte deuten, die uns einfach nicht so vorankommen lassen, wie es nötig wäre? Wäre „Trust the science“ nicht eine Lösung?
Jedenfalls ist "Weiter so” keine Option. Angesichts der drängenden Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, ist Veränderung unvermeidlich. Wir müssen als Gesellschaft und Politik bereit sein, den Veränderungsschmerz zu durchleben, um langfristige Sicherheit und Stabilität zu schaffen.

Ob Klima, Krieg, Pandemie: „Im Netz dominieren die Schwätzer, die Spezialisten werden an den Rand gedrängt“, so schrieb es die Süddeutsche Zeitung in einem “Lob der Experten”.  Meinungsstarke Netzwerker, Laien, pflegen einen regelrechten Kult der Selbstgerechtigkeit, meinen alles besser zu wissen als Wissenschaftler mit Berufserfahrung und ordentlicher Expertise. Wenn dieses Mitspracherecht dann umschlägt in teils aggressive Unbelehrbarkeit, stecke dahinter ein Trugschluss, dass jede Äußerung, ob wissenschaftlich untermauert und nur dahingesagt, gleichwertig sei. Aus Forschung gewonnene Fakten würden mit dem sogenannten „gesunden Menschenverstand“ ausgehebelt. Offenbar benötigt man keine Experten mehr zur Diskussion, man weiß es sowieso besser, auch wenn man vollkommen ahnungslos ist. Die Wahrheit besitzt dann der Lauteste mit den meisten Followern?
Für mich superschwierig zu beantworten … Ich wünschte, es gäbe eine einfache Lösung dafür. Aber ich glaube, die Antwort auf diese Frage fehlt uns noch. In jedem Fall brauchen wir eine bessere Wissenschaftskommunikation. Und sie muss so sein, dass sie auch für die Generation Z funktioniert und von ihr akzeptiert wird.

In einem Gespräch mit der wunderbaren Autorin Helga Schubert las ich ein Zitat von Albert Schweitzer: „Das Wenige, dass du tun kannst, ist viel“. Und auf der Delegiertenkonferenz, auf der man dich für die Europaliste gewählt hat - und zwar nicht nur knapp, sondern mit furioser Mehrheit, das sei hier auch erwähnt -, hat Annalena Baerbock gesagt: “Die EU ist die beste Idee, die Europa je hatte”. Ich finde: beide sind sehr schöne und hoffnungsvolle Schlussworte. Herzlichen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Gunter Affholderbach im Februar 2024.