25.05.2007

Grundsatzerklärung
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Siegen
zur Gewerbeflächenpolitik in der Stadt Siegen

Der angebliche Gewerbeflächenbedarf der Stadt Siegen von 120 ha wurde faktisch nie nachgewiesen. Seit Anfang der 80er Jahre wurde diese Zahl immer wieder genannt und leider auch im Regionalplan verankert. In der Zwischenzeit entwickelte Gewerbeflächen wie die Schemscheid und der Heidenberg wurden nie von diesem angeblichen 120 ha Bedarf abgezogen. Es wurde auch nicht berücksichtigt, dass viele innerstädtische Gewerbeflächen oft jahrzehntelang nicht vermarktet werden konnten, da hier offenbar kein oder nur eingeschränkter Bedarf bestand (Beispiele: Breitenbachgelände Weidenau, Waldrich, Besser, Fludersbach, Eiserfeld , Eisern, usw.)

Wir stellen also fest: Die genannten 120 ha haben mit dem tatsächlichen Bedarf nichts zu tun, da dieser nie ermittelt wurde. Es ist eine rein politisch motivierte Zahl, mit der die rücksichtslose Flächenvernichtung und uferlose Bodenvorratspolitik legitimiert werden soll.

Wir bestreiten dabei nicht, dass es für Firmen eine gewisse Vorratshaltung an Gewerbeflächen geben muss, da natürlich auch Bedarfe der Neuansiedlung, der Erweiterung und der Verlagerung bestehen. Wir treten deshalb neben der Nutzung von Brachflächen für die Erschließung des Leimbachtals als Gewerbegebiet ein.

Gerade in den letzten Jahren hat man allerdings die vorhandenen oder neu bereitgestellten Flächen bevorzugt an großflächigen Einzelhandel statt an Firmen, die die Gewerbeflächen auch tatsächlich brauchen, vergeben. Dazu kommt, dass - ob großflächiger Einzelhandel oder produzierendes Gewerbe - in unserer Stadt riesige Flächen als Parkraum in Gewerbegebieten zur Verfügung gestellt werden. Diese Flächen sind oftmals größer als das überbaute Areal. Natürlich brauchen wir Parkflächen. Warum aber schützen wir unsere Gewerbegebiete nicht vor unnötigem und überflüssigen Flächenverbrauch, indem wir zumindest einmal doppelstöckige Parkanlagen vorschreiben. Diese könnte man sogar über geringere Flächenkosten seitens der Stadt fördern, um hier zusätzliche Anreize zu schaffen.

Das gilt natürlich auch für die Bauweise der Unternehmen. Zwar ist nicht in allen Fällen eine höhere Bauweise möglich, aber in vielen Bereichen eben doch. Auch das würde den Flächenverbrauch reduzieren.

Vor dem Hintergrund, dass deutschlandweit täglich ca. 100 Hektar unverbauter Freifläche vernichtet werden (bei abnehmender Bevölkerung), um sie für Siedlungs- und Verkehrszwecke zur Verfügung zu stellen, fordern wir ein Umdenken von CDU, SPD und UWG, die bislang für ein "weiter so" stehen und sich allen Lösungsansätzen verschließen. Die Folge dieses unverantwortlichen Umgangs mit unseren Freiflächen ist eine immer mehr zunehmende Landschaftszerschneidung. Zusammenhängende, Landschaft prägende Elemente werden zerteilt und isoliert - wie auch in Oberschelden, Seelbach und Eisern jetzt vorgesehen. Quasi nebenbei werden noch die Lebensräume für Pflanzen und Tiere vernichtet, und auch die Erholungsräume für die Bürgerschaft werden mehr und mehr eingeschränkt.

Wir sind davon überzeugt, dass Einschränkungen des Flächenverbrauchs nicht mit wirtschaftlichem Stillstand gleichzusetzen ist. Es gibt inzwischen einige Städte, die den Gegenbeweis antreten, nämlich dass durch die Wiedernutzung brachliegender Flächen wirtschaftliche Impulse entstehen. Das Argument, diese Flächen stünden ja nicht zur Verfügung, weil sie sich in Privatbesitz befinden, lassen wir so nicht gelten. Hier gibt es durchaus umsetzbare Maßnahmen zur Verwirklichung von Reaktivierungsplänen, die bereits in anderen Städten auch umgesetzt werden. Förderprogramme des Bundes und des Landes unterstützen eine solche Politik.

Außerdem: Es spielt offenbar weder für die Verwaltung noch für die befürwortenden Parteien eine Rolle, dass die Wald- und Wiesenflächen in den jetzt von CDU, SPD und UWG geplanten Gewerbegebieten in Seelbach/Oberschelden und in Eisern ebenfalls in Privatbesitz sind!

Eine Reaktivierung der vorhandenen Flächen ist für uns weitaus sinnvoller als das, was hier in Siegen geplant wird. Damit wird die Konkurrenzsituation unter den anliegenden Gemeinden verschärft und es ist davon auszugehen, dass mit Steuergeldern finanzierte Gewerbeflächen zu Dumpingpreisen verschleudert werden, so wie es auch heute schon der Fall ist. Das Modell der "Sozialgerechten Bodennutzung" schränkt ein solch maßloses Verhalten ein. Dieses Modell schreibt vor, dass sich die Planungsbegünstigten an den durch die Planung ausgelösten Kosten in angemessener Weise zu beteiligen haben. Wir räumen aber ein, das dies schwer durchzusetzen ist.

Zukunftssicherung bedeutet nicht nur den Erhalt von Arbeitsplätzen sondern darüber hinaus ein lebenswertes und gesundes Leben. Dazu gehört, die Lebensqualität in Städten und Gemeinden zu fördern, die Verbesserung von Frei- und Erholungsflächen und die Aufwertung von Stadtteilen. Die absehbare demographische Entwicklung im Kontrast zu dem immensen Flächenverbrauch und den damit verbundenen Kosten befürworten das von uns geforderte Flächenrecycling.

Zusammenfassend unterstützen wir das Engagement der Initiativen in Oberschelden und in Seelbach ebenso gerne wie die Bemühungen in Eisern die hier geplanten Gewerbegebiete zu verhindern.

Ratsmitglieder

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