Siegen, 21.07.2004


Pressemitteilung
        
Dienstaufsichtsbeschwerde zur Fällaktion im Helsbachtal

Die Fraktion B90/DIE GRÜNEN erhebt in einem Schreiben an den Bürgermeister der Stadt Siegen wegen der unberechtigten Abholzung eines an den Sportplatz Helsbachtal angrenzenden, ökologisch besonders hochwertigen Baumgehölzes Dienstaufsichts-beschwerde gegen die zuständige Stelle der Stadtverwaltung Siegen.

Zur  Begründung zitieren wir aus diesem Scheiben:

„1. wurde aufgrund mangelhafter Prüfung unterlassen, im Vorfeld andere zuständige städtische Abteilungen (Umweltabteilung, Grünflächenamt) oder die im Falle der betroffenen Bäume zuständige Baumkommission zu beteiligen, obwohl gem. §2 Abs.1 der Baumschutzsatzung eine Beteiligung „innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und im Geltungsbereich der Bebauungspläne“ zu erfolgen hat und angeblich alle MitarbeiterInnen der zuständigen städtischen Abteilungen von diesem Sachverhalt seit Jahren unterrichtet sind.
Obwohl die vom Ausschuss für Umwelt und Energie im November 2003 nach ähnlichen Vorfällen beschlossene „Richtlinie zum verbesserten Baumschutz im Bereich von Baustellen“ in schriftlicher Form sowie in Seminarform am 25.02.2004 den Mitarbeitern zur Kenntnis gebracht wurde, scheint es in der betreffenden Abteilung immer noch an der nötigen Sensibilität zu fehlen.
2. handelte es sich bei dem durch Kahlschlag betroffenen Lebensraum keinesfalls um einen lockeren Bestand aus einzelnen Bäumen, sondern wie auch beim angrenzend erhalten gebliebenen waldartigen Biotop „Hundsberger Wald“ (vgl. 5. sowie derzeit noch erkennbare Bestandeszusammensetzung am inzwischen abgeholzten Hang) um ein landschaftsökologisch besonders hochwertiges und bedeutendes, besonders gut strukturiertes Baumgehölz (teils besonders alte Stieleichen, Hainbuchen und Haselnusssträucher in mehrschichtigem Bestandesaufbau mit gut ausgebildeter Strauch- und Krautschicht). Demnach wäre für diesen Anteil der Gesamtmaßnahme ein Landschaftspflegerischer Begleitplan mit Eingriffsbewertung und Ausgleichsplanung erforderlich gewesen.
3. war die Maßnahme aus bautechnischer Sicht nicht erforderlich. Der Bestand hatte keinerlei störenden Einfluss auf die Durchführung der nur angrenzend erfolgenden, sich auf das Sportfeld beschränkenden Baumaßnahme zur Kieselrotsanierung und Erstellung des Kunstrasens.
4. kann dadurch der zukünftig zu erwartende naturgegebene, aus angrenzenden Laubwaldbeständen erfolgende Eintrag organischer Substanz (Laub, Samenflug, etc.) in den Kunstrasen nicht wesentlich gemindert werden. Die Notwendigkeit zur Beseitigung des Baumbestandes war auch danach nicht gegeben. Sie wurde allein mit der Empfindlichkeit des Kunstrasens gegen Laub begründet und damit, dass durch Beseitigung des unmittelbar angrenzenden Baumbestandes der organische Eintrag vermieden und dadurch der Pflegeaufwand reduziert würde. Auch andere Sportplätze liegen im oder angrenzend an Wald (Eisern, Gosenbach, Leimbach, Bürbach, etc.) und sind inzwischen mit Kunstrasen belegt (beste Beispiele: der mitten im Wald am Galgenberg gelegene Sportplatz von Bürbach und die Glückaufkampfbahn).
Der altgewachsene Biotop hatte lange vor den Planungen Bestand – im Planungsverlauf hätte also unter Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Vorgaben eine Anpassung der Planungen an die örtlichen Gegebenheiten erfolgen müssen.
Sportplatz und Platzbelag am Helsbach mussten auch in früheren Jahren schon gepflegt werden, indem abgefallenes organisches Material beseitigt wurde. Da der Platz beidseitig von Wald umgeben ist, war dies obligatorisch. Eine Maßnahme, die auch in Zukunft weiter fortgesetzt werden muss, zumal nordöstlich oberhalb des Platzes ein Laubwaldgebiet unmittelbar angrenzt. Auch nach Beseitigung des alten Baumgehölzes wird also eine Pflege wie bisher nötig sein. Vor diesem Hintergrund erscheint der durchgeführte Eingriff völlig unsinnig und unverständlich.
5. schließt östlich der Wohnsiedlung an der „Helsbachstraße“ und nördlich am Sportplatz der vom „Hundsberg“ ausgehende, gem. § 23 LG ausgewiesene GLB „Hundsberger Wald“ an, der nach VO vom 17.02.1988 (auch durch angrenzende Maßnahmen) nicht beeinträchtigt werden darf. Neben der randlichen Beeinträchtigung des Bestandes wurde mindestens eine Alteiche mit Durchmesser von ca. 70 cm und entsprechendem Umfang von etwa 220 cm  angrenzend an den Sportplatz im GLB beseitigt und somit in das Bestandesgefüge eingegriffen. Dies wäre ein Verstoß gegen § 2, Abs. 6 der SchutzVO. War die Maßnahme so mit der zuständigen ULB Siegen-Wittgenstein abgestimmt?“

Wir bewerten den Vorgang folgendermaßen:
In der Vorlage zur Baumkommission am 06.05.2004 wird die „schnellstmögliche“ Ersatzpflanzung „mit niedrig wachsenden heimischen Sträuchern und Bodendeckern“ vorgeschlagen. Dieser vorgeschlagene Ausgleich wäre bezüglich des biologischen Vorbestandespotenziales und des derzeitigen Entwicklungspotenziales ein Rückschritt und erscheint nach der örtlichen Situation ebenso unsinnig und unverständlich wie der sie bedingende Eingriff. Durch die Maßnahme wurde zwar erheblich in das ökologische Bestandesgefüge des gesamten Steilhanges eingegriffen - dies hatte bei den älteren (allerdings besonders wertvollen) Bäumen das völlige Absterben zur Folge. Der überwiegende Teil der autochthonen (bodenständigen) Sträucher und Bäume kann sich jedoch durch Stockausschlag regenerieren – dieser Prozess ist schon im Gange. Da bedingt durch den Sportplatzbetrieb schon früher pflegend in den Bestand eingegriffen wurde (Reichtum an Haselnusssträuchern, alte Stockausschläge der Hasel, Sitzbänke…), kann der Bestand – wenn auch durch den Eingriff stark beeinträchtigt und im Aufbau geschädigt – in wenigen Jahren wieder annähernd äquivalent regenerieren und durch den direkten Kontakt zum angrenzenden hochwertigen und ökologisch intakten GLB „Hundsberger Wald“ auch von den meisten Tier- und Pflanzenarten sukzessiv wieder besiedelt werden. Ein Ausgleich durch Nachpflanzung vor Ort wäre demnach „Eulen nach Athen getragen“ und, äquivalent zur vor Jahren am Hainerweg erfolgten Ahornpflanzung, völlig unnötig, insbesondere die „Bodendecker“ betreffend in ihrem Aufbau auch ökologisch unsinnig. Die für den Ausgleich aufzuwendenden Mittel (Personal, Material …) sollten an anderen Orten in sinnvolle Ersatzmaßnahmen investiert werden.

Grüne Geschäftsstelle

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