„Schultrojaner“ auf Computern der städtischen Schulen

Anfrage zur Sitzung des Ausschusses für Schul- und Bildungswesen am 06.03.2012

Sehr geehrte Frau Höpfner-Diezemann,
sehr geehrte Damen und Herren,

am 21.12.2010 haben die Kultusminister der Länder mit den Schulbuchverlagen einen Vertrag über die Nutzung von Schulbuchkopien im Unterricht geschlossen. Hierbei wurde geregelt, dass eine gewisse Anzahl von Seiten aus einem Schulbuch für den Unterricht kopiert werden dürfen. Gemeint sind hier Papierkopien. Ausgeschlossen sind ausdrücklich digitale Kopien gedruckter Werke, sogenannte Digitalisate.
Zeitgemäße Arbeitsformen, wie das Einscannen einzelner Textpassagen oder Bilder und deren Weiterverarbeitung in einer Textverarbeitung mit anschließendem Ausdruck, sind damit untersagt. Die Texte zu kopieren, mit der Schere auszuschneiden, in einen eigenen Text einzukleben und wieder zu kopieren, ist aber erlaubt.

Das berechtigte Interesse der Schulbuchverlage am Einhalten des Urheberrechts wurde in dem o.G. Vertrag mit einer höchst fragwürdigen Klausel versucht, umzusetzen. In §6 wurde vereinbart, dass die Schulbuchverlage den Ländern eine Plagiatssoftware („Schultrojaner“) zur Verfügung stellen. Mit dieser Plagiatssoftware sollen ab Februar 2012 Verstöße gegen den Vertrag bzw. Urheberrechtsverletzungen auf Schulrechnern aufgespürt werden. Anders als in anderen Rechtsbereichen ist hierbei kein Anfangsverdacht nötig. Stattdessen sollen die Schulrechner regelmäßig stichprobenhaft durchsucht werden.

Dieses Vorgehen stellt die gesamte Lehrerschaft unter Generalverdacht. Die Kollegien werden verunsichert. Zeitgemäße Arbeitsformen mit Datenaustausch über Schulnetzwerke oder Onlinelernplattformen wie LoNet2 oder moodle stehen in Frage.

Besonders problematisch wird die Regelung, wenn Materialien verwendet werden, die man nicht vollständig selber erstellt hat. Aus Gründen der Verbesserung von Unterricht wird die Zusammenarbeit von Lehrerinnen und Lehrern gewünscht. Der Austausch von Arbeitsblättern, Übungsaufgaben, Lernsituationen usw. gelingt heutzutage dank digitaler Medien oft sehr gut. Erhält aber eine Lehrerin nun ein Arbeitsblatt eines Kollegen, müsste sie überprüfen, ob die Inhalte aus einem Lehrbuch stammen und digitalisiert wurden. Das ist nur nach bestem Wissen, sicherlich aber nicht in jedem Fall möglich, zumal manche Unterlagen von bereits aus dem Dienst ausgeschiedenen Kolleginnen und Kollegen stammen. Ein Nachweis ist so kaum zu führen. Sollten die Arbeitsblätter auf einem Datenspeicher in der Schule verfügbar sein (Im Schulnetz oder auf einer angeschlossenen USB-Festplatte), müsste die Schulleitung die Überprüfung jeder einzelnen Datei vornehmen und bei Verstoß gegen den Vertrag disziplinarisch gegen den Besitzer der Datei vorgehen. Weder die Überprüfung des Inhaltes aller Dateien noch die Identifizierung des Besitzers ist der Schulleitung lückenlos möglich.

Wer also rechtlich auf der sicheren Seite sein will, hat dann am besten überhaupt keine Dateien mehr auf dem Schulrechner. Über die rechtliche Zulässigkeit des Einsatzes einer solchen Software machen wir uns große Sorge. Über die Funktionsweise des Schultrojaners ist bisher nichts bekannt: Sucht /findet er tatsächlich nur Plagiate? Werden die privaten Daten der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler ausreichend geschützt? Welche Daten werden an das Ministerium bzw. an die Schulbuchverlage weitergegeben? Werden alle datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten? Wird einem Missbrauch ausreichend vorgebeugt?

Da wir somit diese Überwachung der Lehrerinnen und Lehrer aus unterrichtspraktischen und datenschutzrechtlichen Erwägungen sehr problematisch sehen, fragen wir:

  1. Wurde die Plagiatssoftware bereits angewendet?
  2. Welche Daten werden durch die Plagiatssoftware überprüft, welche gesammelt und welche weiter gegeben? Wie wird dabei sichergestellt, dass alle datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden und Missbrauch verhindert wird?
  3. Welche öffentliche Stelle hat legalen Zugriff auf die Schulrechner? Kann/ darf beispielsweise das Schulministerium/ die Bezirksregierung/ die Stadt Siegen die Software offen oder versteckt auf die Schulrechner aufspielen?
  4. Kann die Schule dazu verpflichtet werden, die Überprüfung umzusetzen?
  5. Würden die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer informiert, wenn ein Schultrojaner an Siegener Schulen tatsächlich installiert würde?
  6. Wer ist in den Schulen für die Überwachung der Computer zuständig?
  7. Würde die Überwachung auch moderne Lernplattformen wie LoNet, moodle, SiwiWissen usw. betreffen?
  8. Wurden die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer ausführlich über den Vertrag und die rechtlichen Konsequenzen informiert?
  9. Welche disziplinarischen Maßnahmen haben die Schulleiterinnen/ Schulleiter und die Lehrerinnen/ Lehrer bei Verstößen zu erwarten?

Die Anfrage wird wie folgt beantwortet:

1. Wurde die Plagiatssoftware bereits angewendet?
Antwort:
Nein.

Die Fragen 2. - 8. werden gemeinsam beantwortet.
2. Welche Daten werden durch die Plagiatssoftware überprüft, welche gesammelt und welche weiter gegeben? Wie wird sichergestellt, dass alle datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden und Missbrauch verhindert wird?
3. Welche öffentliche Stelle hat legalen Zugriff auf die Schulrechner? Kann/ darf
beispielsweise das Schulministerium/ die Bezirksregierung/ die Stadt Siegen die Software offen oder versteckt auf die Schulrechner aufspielen?
4. Kann die Schule dazu verpflichtet werden, die Überprüfung umzusetzen?
5. Würden die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer informiert, wenn ein Schultrojaner an Siegener Schulen tatsächlich installiert würde?
6. Wer ist in den Schulen für die Überwachung der Computer zuständig?
7. Würde die Überwachung auch moderne Lernplattformen wie LoNet, moodle, SiWiWissen usw. betreffen?
8. Wurden die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer ausführlich über den Vertrag und die rechtlichen Konsequenzen informiert?

Antwort:
Nach der Darstellung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung liegt die von den Verlagen zu erstellende Software zur Identifizierung von digitalen Urheberrechtsverletzungen bisher nicht vor. Sie wird mithin an den Schulen der Stadt Siegen bislang nicht eingesetzt. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung hat darauf hingewiesen, dass eine solche Software in Nordrhein-Westfalen nur dann eingesetzt wird, wenn sie gemäß der vertraglichen Vereinbarung technisch und datenschutzrechtlich unbedenklich ist. Sobald die Software vorliegt und bevor sie eingesetzt wird, wird sie nach Aussage des Ministeriums für Schule und Weiterbildung einer eingehenden Überprüfung unterzogen, in die der Landesdatenschutzbeauftragte einbezogen wird.

Ebenso hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung darauf hingewiesen, dass es sich um eine angekündigte und kontrolliert durchgeführte Überprüfung von Schulrechnern handelt.

Anmeldeverfahren städtische Grundschulen, Schuljahr 201212013
hier: Anmeldezahlen aufgeteilt nach ehemaligen Einzugsbereichen (PDF)userspace/NW/sv_siegen/Dateien/antworten_pdf/2023/AntwortSchultrojaner_3.pdf

 

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