AUF EINEN GROSSEN KAFFEE MIT MANU KÖNINGER

Die nächste Landtagswahl in NRW findet am 15. Mai 2022 statt. Mindestens 181 Sitze sind für die nächsten 5 Jahre zu vergeben. Im Wahlkreis Siegen-Wittgenstein kandidiert Manuela Köninger für den Landtag in Düsseldorf. Sie verfügt über jahrelange kommunalpolitische Erfahrung, ist ausgebildete Lehrerin, 43 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder.

Manuela Köninger, mit Blick auf die Landespolitik geht es vielen so, dass ihnen das amtierende Personal oft nur wenig bekannt ist. Um dem vorzubeugen: vielleicht zuerst kurz etwas zu Ihrem Werdegang, Ihrer Geschichte… Was machen Sie beruflich, was sind Ihre Vorlieben, wofür schlägt Ihr Herz in der Freizeit?
„Von Haus aus“ bin ich Lehrerin für die Sekundarstufe I mit den Fächern Englisch, Geschichte und ev. Religion. Ich habe lange Jahre an einer inklusiv arbeitenden Realschule gearbeitet. Vor etwa acht Jahren bin ich dann in die universitäre Lehrer*innenbildung gewechselt, zunächst hier an unsere Uni Siegen, wo auch meine Promotion noch läuft, mittlerweile an die Uni Koblenz. Zukünftige Lehrer*innen auszubilden und auf die anstehenden Herausforderungen in unseren Schulen vorzubereiten, ist eine wichtige, lohnenswerte Aufgabe, die ich sehr gerne und mit viel Herzblut bearbeite. Grüne Politik mache ich seit gut 10 Jahren; zunächst im Ortsverband meiner Heimatgemeinde Neunkirchen, dann dort seit 2014 als Fraktionsvorsitzende und etliche Jahre auch auf Kreisebene. Hier bin ich mittlerweile auch Kreistagsmitglied. Meinen Arbeitsschwerpunkt sehe ich in der Bildungspolitik; hiermit bin ich auch zur Kandidatur für den Direktwahlkreis sowie den Listenplatz angetreten. In meiner Freizeit kümmere ich mich sehr gerne um „Haus und Hof“, also um unser altes Bauernhaus und unsere Hühner sowie die Familie. Ich mag unsere Dorfgemeinschaft und den heimischen Wald sehr gerne – naja, was davon aufgrund des Borkenkäfers noch übrig ist.

Und wie und warum Politik? Und warum grüne Politik? Wie kam es dazu? Und gibt es etwas, das Sie politisch geprägt hat?
An vielen Stellen geht es in Deutschland und auch in unserem Bundesland nicht gerecht zu. Das sehen wir zum Beispiel im Bereich von Schule und Bildung. Ich schäme mich dafür, dass bei uns in Deutschland und in NRW noch immer die Herkunft, der familiäre Hintergrund für den schulischen Bildungsweg eines Kindes entscheidend ist und nicht das Potenzial eines Lernenden. Das ist dem Kind, dem Jugendlichen gegenüber ungerecht und uns als Gesellschaft gehen damit wertvolle Ressourcen verloren. Bildungserfolg und sozialer Aufstieg dürfen nicht länger abhängen von Elternhaus, Herkunft oder gar der Postleitzahl! Wir brauchen in NRW mehr Bildungsgerechtigkeit: Bildungspolitik darf nicht länger nur „Inklusion, Durchlässigkeit und Gerechtigkeit“ außen drauf schreiben und innen doch alte Strukturen festigen und im alten Schema arbeiten lassen. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit brennt nämlich auch in Schulen! Schulpolitik muss dafür sorgen, dass Chancen und Ressourcen gerecht verteilt werden und SchülerInnen nicht z.B. aufgrund einer Beeinträchtigung Chancen verweigert werden. Diese Ansprüche finde ich in unserer Grünen Politik wieder, auch das Grüne Wahlprogramm für die kommende Landtagswahl setzt hier die richtigen Akzente.

Gibt es einen speziellen Beweggrund jetzt in die Landespolitik einsteigen zu wollen? Oder ist es eine zwangsläufige Entwicklung, wenn man – so wie es bei Ihnen ja auch war – durch Engagement in Ämter hineinwächst, dann zwangsläufig irgendwann auf der Karriereleiter steht?
Eine zwangsläufige Entwicklung ist das nicht unbedingt: Ich kenne viele Kommunalpolitiker*innen, die in ihrem Wirkungskreis schon lange tätig sind und dort auch verortet bleiben wollen. Auch mir liegt das Wohl und die positive Entwicklung meiner Heimatkommune und des Kreises immer am Herzen. Aber gerade Bildungspolitik ist Ländersache und eben Landespolitik. Ich denke, hier kann ich mich mit meiner fachlichen Expertise und den politischen Erfahrungen der letzten Jahre gut einbringen und positive Veränderungen mitgestalten. Somit ist meine Entscheidung für den Landtag zu kandidieren eine ganz bewusste!

Haben Sie politische Vorbilder? Oder: was sind die Grundzüge einer guten Politikerin, eines guten Politikers? Gibt es in der Politik – ich zitiere mal Greta Thunberg – nicht zu viel „Bla,bla,bla“? Zu Ihnen persönlich kann ich sagen, ich habe Sie als zupackend und pragmatisch kennengelernt; stimmt diese Charakterisierung?
Genauso schlimm wie viel „Blabla“ erscheint mir, wenn Verträge, Abkommen, Regelungen o.ä. nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Weil ihnen die Verbindlichkeit oder der Wille der UnterzeichnerInnen fehlt, Dinge tatsächlich anzupacken – wie zum Beispiel den Klimaschutz oder die Inklusion im Bereich Schule und Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist die Zuschreibung, ich sei „zupackend und pragmatisch“ wohl richtig; zumindest versuche ich tatsächlich, Verbesserungen konkret herbeizuführen. Allerdings lasse ich Pragmatismus nicht den Kern einer guten Sache tangieren: Es gilt, immer möglichst das Beste herauszuholen. Ich habe ein paar Vorbilder, für ganz verschiedene Bereiche des Lebens, PolitikerInnen finden sich darin nicht.

Welche Themen beschäftigten Sie gerade und welche sind in Ihrem Engagement die drängendsten, genießen Priorität? Was sind große Themen, Defizite oder Baustellen in der Region? Wald- und Wasserwirtschaft, Wisente oder Wölfe, Wohnungsmangel, Windenergie? Welche möchten Sie nach Düsseldorf tragen? Und was glauben Sie dort für Ihren Wahlkreis erreichen zu können?
Selbstverständlich muss uns allen die Klimakrise als größte Herausforderung unserer Zeit, auch hier in Siegen-Wittgenstein, vor Augen stehen: Hier sind wir aufgefordert, zu retten, was noch zu retten ist, um Lebensgrundlagen zu sichern und den kommenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen – auch das wieder eine Frage der Gerechtigkeit! Die ökologische Transformation muss auch in unserer Region stattfinden, dafür müssen wir die Menschen hier begeistern und mitnehmen. Das können wir schaffen, indem wir die Region dauerhaft wirtschaftlich stark und gleichzeitig nachhaltig und ökologisch gestalten; das kann z.B. auch mit einem verträglichen Ausbau der Windenergie geschehen. Außerdem halte ich die fortschreitende soziale Spaltung für ein drängendes Problem: Wir müssen Sorge dafür tragen, dass Menschen nicht abgehängt werden. Teilhabe kann gelingen mit einer verlässlichen Sozial- und Familienpolitik und einer fortschrittlichen Bildungspolitik, die für mehr Gerechtigkeit sorgt, die die Kinder, Familien und Menschen nicht aus den Augen verliert und Bedürfnisse ernst nimmt. Generell gilt: Was ich in Düsseldorf für meinen Wahlkreis einbringe, ist das, was mir unsere BürgerInnen auftragen! Ich möchte eine starke Verbindung zwischen Düsseldorf und Siegen-Wittgenstein sein.

Was sind Sie lieber: dafür oder dagegen? Und warum?
Am liebsten konstruktiv und effektiv. Weil das sinnvoll ist und Ergebnisse bringt.

Gibt’s auch etwas, was Sie so richtig nervt oder sogar auf die Palme bringt?
Ich kann sehr schlecht mit Ungerechtigkeiten umgehen: sei es im Kleinen, wenn jemand unfair behandelt wird, oder im Großen, wenn Strukturen und Systeme ungerecht sind oder Ungerechtigkeiten produzieren.

Nun stecken wir ja momentan in der größten Krise der Nachkriegszeit, die Probleme häufen sich ja geradezu – im Land Arbeitskräfte- und Rohstoffmangel, Radikalismus, Fake News und darüber hinaus Corona, Klima, Menschen auf der Flucht… Wo soll man da anfangen? Wo muss am dringendsten reagiert werden und in welcher Form?
Wie schon angedeutet: Klimakrise, soziale Spaltung und dazu die Gefahr durch Rechtsextremismus und Rechtspopulismus sind Baustellen, die wir angehen müssen – gerade auch auf Länderebene. Dazu werden wir in den kommenden Jahren die Folgen der Pandemie bearbeiten müssen, wirtschaftlich und sozial.

Gibt´s für Sie bei all dem einen Kompass, eine Richtschnur oder woran richten Sie sich aus? Und kennen sie so etwas wie einen Panikmodus?
Als ich damals in die kommunale Politik eingestiegen bin, war meine Maxime „Gottes Schöpfung bewahren und den Menschen dienen.“ Daran halte ich mich noch immer. Mein politisches Handeln richtet sich immer nach den Menschen aus: Was sind deren konkrete Bedürfnisse, wo ist Not? Das schließt dann auch die Sorge um Klima und Umwelt ein. Panikmodus? In der Regel arbeite ich überlegt und sachlich. Allerdings neige ich zu Ungeduld, wenn ich erkannt habe, dass eine Sache wirklich wichtig ist.  

Es ist ja unstrittig, dass wir eine Energiewende brauchen. Der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen hält Klimaschutz auch für besten Gesundheitsschutz! Aber offensichtlich reicht die Kraft bei uns ja nicht mal für ein Tempolimit, obwohl 60 % der Bevölkerung es begrüßen würden. Hat die FDP mit ihrem falsch verstandenen Freiheitsbegriff verhindert. Dort empfindet man es als Symbolpolitik, offenbar nicht wissend, wie wichtig auch Symbole sind. Und unabhängig vom Klimaaspekt produziert der Verkehr zudem viel zu viel Leid: es sterben jährlich mehr als 3000 Menschen im Straßenverkehr! Hier werden Aspekte einfach ausgeklammert, nicht betrachtet. Kann man so seine Ziele erreichen?
Wenn die Frage darauf abzielt, was in der Verkehrspolitik falsch läuft, muss ich konstatieren: einiges! Es ist doch zum Beispiel verrückt, dass eine Autobahn erst sechsspurig ausgebaut werden muss, damit Anlieger in den Genuss von Lärmschutzmaßnahmen kommen. Die hätten auch bei bestehenden vier Spuren schon greifen müssen! Generell sollte mehr Güter auf die Schiene verlagert werden, der ÖPNV gerade bei uns stärker ausgebaut und verfügbar sein. Das Tempolimit ist unbestreitbar eine richtig gute Idee, für Mensch und Umwelt!

Der Sozialpsychologe Harald Welzer schreibt in seinem neuen Buch von Dingen oder Produkten, die nur deshalb in die Welt gekommen seien, „weil jemand Vermarktungs- oder Kontrollchancen gesehen und realisiert hat“: Kreuzfahrtschiffe, Einmalgrills, Alexa, Gesichtserkennung sieht er als per se falsch an, als nicht optimierbar. Heizpilze dürften auch dazugehören. Statt verbissen das Falsche zu optimieren, könnten wir es doch einfach sein lassen. Als Gegensatz zur Innovation prägt er dort einen neuen Begriff: die Exnovation. „Wie wäre denn mal ein Start-up mit dem Geschäftsmodell, Mist aus der Welt zu schaffen?“ Also: stünde es uns nicht besser, des Öfteren mal auf was zu verzichten, statt uns mit unnützem Schamott zu umgeben?
Tatsächlich halte ich unsere Konsumgesellschaft an vielen Stellen für ungesund. Verzichten kann einem selbst hin und wieder richtig guttun – allerdings würde ich niemandem vorschreiben, was er noch darf und was nicht. So esse ich zum Beispiel kein Fleisch, gönne aber jedem sein Schnitzel, wenn er es denn unbedingt braucht.

Wie finden Sie dieses Lebensmotto, es stammt vom ehemaligen Präsidenten von Uruguay? „Lebe so, wie du denkst, sonst denkst du irgendwann so, wie du lebst“? Und ist solch eine Maxime für Politiker*innen überhaupt zu realisieren?
Da höre ich den dringenden Appell heraus, auch als Politiker*in – nein, besonders als Politiker*in - authentisch zu bleiben. Das scheint mir wichtig, auch um die WählerInnen nicht zu täuschen.

Als Politikerin müssen Sie ja Optimistin sein, mit Pessimismus käme man ja nicht weit. Wobei auch Andi Scheuer - unser letzter Bundesverkehrsminister, dem, glaube ich, niemand nachtrauert -, war Optimist und hat uns damit um mehr als 500 Mio. Steuergelder gebracht, alles andere als Peanuts! Allerdings war er nie so positiv wie die Grünen. Ihr Programm für NRW trägt ja sogar den zuversichtlichen Titel „Von hier an Zukunft“. Was stimmt Sie hoffnungsfroh?
Es stimmt mich hoffnungsfroh zu sehen, dass eine kluge, aufgeklärte und engagierte junge Generation heranwächst. Fridays for Future beeindruckt mich noch immer. Junge Menschen, die erkannt haben, dass es „brennt“ und dass es um ihre Zukunft geht, die von trägen, meist älteren PolitikerInnen versaut wird. Jugendliche, die sich organisieren, sich trauen, für ihre Meinung und ihre Zukunft, trotz Widerständen, auf die Straße zu gehen – großartig! Außerdem macht es Mut zu sehen, dass immer mehr Menschen die Relevanz von Klima- und Umweltschutz erkennen und dass es hierfür immer mehr rechtliche und gesetzliche Verankerungen gibt (von den unglaublichen Verfehlungen der schwarz-gelben Landesregierung mal abgesehen). Unsere grünen Themen sind längst keine „Nischenthemen“ mehr. Sie wurden als drängendste Themen unserer Zeit begriffen! „Von hier an Zukunft“: Das ist nicht nur ein positiver Titel, das ist ein Auftrag!   

Der Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Koalition sieht die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre vor; gehen Sie damit oder was halten Sie davon?
Die Änderung ist längst überfällig! Wir erwarten von Heranwachsenden, dass sie sich ihrer Verantwortung für sich selbst, unsere Gesellschaft und die Zukunft bewusst sind und lassen sie dann aber nicht mitgestalten. Das ist, mit Blick auf ihre Zukunft, um die es ja eben geht, ungerecht! Ich kenne und erlebe viele Jugendliche als gut informiert, interessiert und engagiert. Ihnen politische Mitwirkung zu verweigern ist falsch.  Neuere Studien zeigen zudem, dass sich das politische Interesse und Wissen um Inhalte und Zusammenhänge zwischen 16- und 18jährigen nicht signifikant unterscheidet. Warum also lassen wir die Jugendlichen nicht endlich mitbestimmen?  

Warum - ganz konkret - sollten sich die Wähler bei der Landtagswahl nun für Sie entscheiden?
Ich sehe die Notwendigkeit, die Arbeit unserer grünen Landtagsfraktion an unseren Kreis, an die Menschen hier anzuschließen. Dafür möchte ich die starke Verbindung sein. Ich bringe viel Fachexpertise mit, dazu jahrelange politische Erfahrung und habe gelernt, grüne Themen zu setzen, zu argumentieren und dann auch Erfolge zu erzielen. Das möchte ich in Düsseldorf fortsetzen, unser Bundesland und damit die Bedingungen für unseren Kreis, für die Menschen hier positiv mitgestalten.

Auch wenn die Zeit oft knapp ist: Lektüre muss sein, oder? Haben Sie einen heißen Tipp?
Im Moment fällt mir das neue Buch von Hape Kerkeling ein: „Pfoten vom Tisch“. Unterhaltsam und ein bisschen lehrreich – wenn man Katzen und Hape mag. Ansonsten mein Lieblingsroman: „Via Mala“ von John Knittel (1934). Hier ist eindrücklich erzählt, wie sich das Böse – tragischerweise auch aus der Not heraus – Bahn bricht.

Und sonst so?
…hat mir das Interview viel Spaß gemacht – Danke dafür!

(Die Fragen stellte Gunter Affholderbach)

Wer noch mehr über Manuela Köninger erfahren möchte: Facebook: www.facebook.com/manu.koninger/ - Instagram: www.instagram.com/manukoeninger/ ...und demnächst auf ihrer eigenen Homepage des Kreisverbands.

 

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