Übernachtungshaus „Hotel Acon" für Obdachlose

Anfrage zur Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familien- und Seniorenfragen am 07.06.2018

Zum 30. Juni 2016 lief der Vertrag mit der Diakonie zum Übernachtungshaus am Sieghütter Hauptweg in gegenseitigem Einvernehmen aus.

Das Konzept der Einrichtung sah vor, dass während der Öffnungszeiten von 17.00 bis 08.30 Uhr ein Sozialarbeiter/eine Sozialarbeiterin vor Ort waren, um die Menschen betreuen zu können. Als Ersatz für dieses Schlafangebot für Obdachlosen eröffnete daraufhin ein privater Investor ein neues Übernachtungshaus unter dem Namen „Hotel Acon“. Es wurde der Eindruck vermittelt, dass für die „Übernachtungsgäste“ der Standard der Versorgung weiterhin gewährleistet sein würden.

Leider scheint das nicht der Fall zu sein, da für die „Betreuung“ offensichtlich ungeschulte Kräfte (fachfremde Minijobber und Studierende) eingesetzt werden.

Unsere Fragen zu diesem Thema:

  1. Wie hoch sind die Übernachtungszahlen derzeit?
  2. Welche Öffnungszeiten und welchen Service bietet das neue Übernachtungshaus?
  3. Welche Qualifikation haben die dort beschäftigten Personen?
  4. Gibt es eine konkrete Beschreibung der Leistung, und wenn ja, wie sieht diese aus?
  5. Wie bewertet die Verwaltung nach mehr als einem Jahr nach Eröffnung die Qualität des Hauses?
  6. Wie ist der Alltag für die Nutzer des Hauses strukturiert? Hat sich diese Struktur bewährt?

 

Antwort der Verwaltung

Die Anfrage gemäß § 8 der Geschäftsordnung der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Rat der Stadt Siegen zur Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familien und Seniorenfragen (Übernachtungshaus "Hotel Acon" für Obdachlose) am 07.06.2018 nehmen wir zum Anlass, schon heute über den Sachverhalt zu informieren:
Wir stellen erneut klar, dass in der Stadt Siegen jede Bürgerin und jeder Bürger Unterstützung, Beratung und ein Obdach erhält, wenn er oder sie dies benötigt. Denn Siegen ist eine soziale Stadt. Dieses Selbstverständnis und das daraus resultierende Handeln von Verwaltung und Politik ergibt sich nicht nur aus den gesetzlich übertragenen Aufgaben, die mehr als pflichtgemäß und sorgfältig erfüllt werden, sondern auch aus den Leitgedanken und dem Engagement der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Zum im Jahr 2016 geschlossenen Übernachtungshaus Sieghütter Hauptweg stellen wir fest, dass im Übernachtungshaus keine Betreuung stattgefunden hat. In der Männerübernachtung war der Betrieb so organisiert, dass dort nur Männer ausschließlich über Nacht aufgenommen wurden. 4-5 Männer teilten sich ein Zimmer, in dem bis zu 3 Etagenbetten (also 6 Betten) standen. Morgens um 8:30 Uhr mussten die Männer die Einrichtung verlassen. Eine pädagogische Fachkraft war nachts nicht anwesend.
In den letzten Jahren wurden lediglich 18 % der Wohnungslosen in der Übernachtungsstelle versorgt. Zuletzt sank die Versorgungsquote dort sogar auf 13%. Im Jahr 2015 waren von insgesamt 8406 Unterbringungen nur 1578 Übernachtungen in der Männerübernachtung.
Zum „Hotel ACON“ stellen wir fest, dass es sich nicht um ein „Übernachtungshaus“ sondern um einen „Beherbergungsbetrieb“ handelt. Das „Hotel ACON" ist kein Ersatz für das geschlossene Übernachtungshaus Sieghütter Hauptweg, sondern bietet wie ca. 10-15 anderen Hotels und Pensionen eine Beherbergungsmöglichkeit für Menschen, die eine Unterkunft benötigen.
Im Hotel ACON können sich die Betroffenen auch tagsüber aufhalten. Die Belegung erfolgt in 1-2 Bett Zimmern.

zu Frage 1: Wie hoch sind die Übernachtungszahlen derzeit?
Aktuell sind im Hotel ACON 26 Personen untergebracht. Insgesamt sind aktuell 66 wohnungslose Personen in 10-15 privat betriebenen Beherbergungsbetrieben untergebracht. Zur Notversorgung entsprechend dem Ordnungsbehördengesetz versorgt die Fachstelle für Wohnungsnotfälle Betroffene in diesen Betrieben, da hier die Bereitschaft vorliegt, den teilweise schwierigen Personenkreis aufzunehmen.

zu Frage 2: Welche Öffnungszeiten und welchen Service bietet das neue Übernachtungshaus?
Bezüglich der Öffnungszeiten des Hotel Acon bestehen keine Unterschiede zu anderen Beherbergungs-betrieben. Die dort wohnenden Personen haben die Möglichkeit, die Unterkunft bei Tag und Nacht zu nutzen. Bei einer nächtlichen Notversorgung oder einer Versorgung am Wochenende, kann Kontakt zu einem Bereitschaftsdienst des Hotels aufgenommen werden.

zu Frage 3: Welche Qualifikation haben die dort beschäftigten Personen?
In Pensionen und Hotels arbeiten üblicherweise Personen, die Fachkräfte für das Hotel- und Gaststättengewerbe sind. Weitere Qualifikationen sind für das Leistungsangebot eines Beherbergungsbetriebes nicht notwendig.

zu
Frage 4: Gibt es eine konkrete Beschreibung der Leistung, und wenn ja, wie sieht diese aus?
Die Leistung besteht darin, dass Zimmer und Betten für die Übernachtung zur Verfügung gestellt werden. Die Rechnung wird an die jeweiligen Leistungsträger gesandt.

zu Frage 5: Wie bewertet die Verwaltung nach mehr als einem Jahr Eröffnung die Qualität des Hauses?
Das Hotel Acon ist eine wichtige Versorgungsmöglichkeit (nicht nur) für die Stadtverwaltung, da hier auch Menschen untergebracht werden können, die sonst keine Unterkunft erhalten würden oder aber in anderen Pensionen wegen Fehlverhalten kein Zimmer mehr erhalten.
Der betroffene Personenkreis, der eine Unterbringung benötigt, ist dabei sehr vielfältig. Menschen werden aus unterschiedlichsten Gründen wohnungslos. Besonders junge Erwachsene, psychisch kranke Menschen und Drogenabhängige können betroffen sein.
Immer mehr Personen müssen bei Entlassung aus Krankenhäusern, Haftanstalten, Psychiatrien oder auch betreuten Wohnformen der Jugendhilfe und anderen sozialen Einrichtungen von der Fachstelle für Wohnungsnotfälle versorgt werden. Zunehmend müssen für Betreuer, die für ihre betreuten Personen keine Einrichtungen finden, Übernachtungsplätze bereitgestellt werden.
Im Jahr 2017 mussten mit 204 Unterbringungen und 23118 Übernachtungen fast doppelt so viele Wohnungslose versorgt werden, wie im Jahr 2016 (95 Unterbringungen und 11466 Übernachtungen).

zu Frage 6: Wie ist der Alltag für die Nutzer des Hauses strukturiert? Hat sich diese Struktur bewährt?
Aus der vorhergehenden Darstellung ergibt sich, dass keine besondere Alltagsstruktur in den Beherbergungsbetrieben vorgehalten wird. Wichtig für die Betroffenen ist, dass sie sich auch tagsüber in den Hotels und Pensionen aufhalten können.

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