Baumfällungen in der Kölner Straße

Anfrage gem. § 8 GO des Rates der Universitätsstadt Siegen für die Umweltausschusssitzung am 23.10.2014

Sehr geehrte Frau Strunk,


in einer „Nacht- und Nebelaktion“ sind ca. 30-Jahre alte Bäume gefällt worden und zwar eine Mehlbeere an der Schlossmauer des Unteren Schlosses, eine Eberesche Kölner Straße/Ecke Löhrstraße und eine Akazie im Bereich des Dicken Turms.


Wir kritisieren daher massiv folgenden Sachstand:

  • die Fällungen sind während der Vegetationsperiode durchgeführt worden. Nach § 39 Abs. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes sind Fällungen während der Zeit vom 01. März bis zum 30. September verboten.
  • die Zuständigkeiten für jegliche Veränderungen im Quartier – so auch Fällungen der stadtbildprägenden Bäume – liegen aus gestalterischen Gründen beim Bauausschuss und dem AK „Siegen zu neuen Ufern“. BeideGremien waren nicht beteiligt.
  • der Mehlbeerenbaum ist während der Baumaßnahme im Kronenbereich einseitig beschädigt worden, obwohlin der Vergangenheit die Baumkommission immer wieder gefordert hat, dass bei Baumaßnahmen Rücksichtauf Bäume genommen werden soll.. Aus diesem Grund musste die Baumkommission in ihrer Sitzung am10.09.14 wohl oder übel der Fällung zustimmen.
  • auf der Planungsskizze am Kölner Tor steht folgende Aussage: „ Die alten Hochbeete werden entfernt, derBaumbestand bleibt“ mit konkretem Hinweis auf die Mehlbeere. Die Öffentlichkeit ist somit vorsätzlichgetäuscht worden.

Vor diesem Hintergrund möchten wir folgende Fragen beantwortet wissen:

  1. Sind für die Fällung der Bäume während der Vegetationsperiode Ausnahmegenehmigungen beantragt und erteilt worden? Bitte die Begründung für jeden einzelnen Baum.
  2. Weshalb wurde die Öffentlichkeit nicht vor der Fällung informiert?
  3. Wie ist es zu erklären, dass ein zu erhaltender Baum bei Bauarbeiten beschädigt wurde? Gab es Kontaktzwischen Bauliegenschaftsbetrieb und Stadtverwaltung bezüglich des starkem, einseitigem Rückschnitts und Verunstaltung des Baumes. Gibt es Schadensersatz vom Land für die Zerstörung eines städtischen Baumes?
  4. Weshalb wurden die zuständigen städtischen Gremien nicht an der Entscheidungsfindung beteiligt (Bauausschuss, AK“ Siegen zu neuen Ufern“, Umweltausschuss)
  5. Welche Ersatzpflanzungen sind von der Verwaltung vorgesehen und an welchen Stellen? Wann werden die zuständigen Stadtgremien darüber entscheiden?

Beantwortung der Anfrage im Ausschuss
Herr Langenbach beantwortet die Anfrage wie folgt:

Ich möchte zunächst allgemein zu dem Vorgang Stellung nehmen und werde im Anschluss daran die konkret gestellten Fragen beantworten. Diese Stellungnahme habe ich auch bereits in der Sitzung des BA am 16.09.2014 abgegeben.

Im Falle der Mehlbeere in der Kölner Straße musste im Zuge einer Fassadenrenovierung ein Gerüst aufgestellt werden, was einen Rückschnitt des Baumes erforderlich machte, da der Abstand zwischen Baum und Mauer/Fassade gerade ausreichend Platz für das Gerüst bot. Als Folge der notwendigen Schnittmaßnahmen ist eine halbseitige Krone verblieben, die aus fachlicher Sicht nicht mehr artgerecht zurückgeschnitten werden konnte. Eine solche Schnittmaßnahme hätte zudem zusätzliche Schnittwunden im Kronenbereich verursacht, die immer auch Eingangspforte für Krankheitserreger und Einfaulungen sind. Die Auswirkungen waren an einer Einfaulung im Stammbereich deutlich zu erkennen. Da die Mehlbeere zu den Weichhölzern zählt, schreitet ein begonnener Einfaulungsprozess relativ zügig voran. Der Baum ist nicht mehr in der Lage diese Wunden zu schließen und wird damit zum Sicherheitsrisiko. Bei der starken Frequentierung der Fußgängerzone haben wir der Baumkommission aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht vorgeschlagen, den Baum zu fällen. Die Baumkommission ist diesem Vorschlag gefolgt. Als Ersatz ist die Pflanzung von 2 Eschen in der Kölner Straße vorgesehen.

Der Lederhülsenbaum am Eingang von Karstadt wies ebenfalls eine schlechte Vitalität auf, was höchstwahrscheinlich auf die zahlreichen Ver- und Entsorgungsleitungen im Bereich des Wurzelraumes zurückzuführen ist. In Abstimmung mit allen Versorgungsträgern ist die Pflanzung eines neuen Baumes an derselben Stelle allerdings möglich, wenn bestimmte Vorkehrungen getroffen werden. Daher wird, um das Wachstum des neuen Baumes zu fördern, eine Baumgrube, baugleich wie in der Sandstraße, eingebaut, um optimale Bedingungen zu schaffen. Als Ersatzpflanzung ist eine Mehlbeere vorgesehen, da in unmittelbarer Nähe schon zwei Mehlbeeren vorhanden sind.

Die Eberesche am Ausgang der Fußgängerzone Kölner Straße zur Löhrstraße hatte bereits in den vergangenen Jahren Probleme und wies seit mehreren Jahren nur eine reduzierte Blattentwicklung auf. Der Baum ist in diesem Sommer vollständig vertrocknet bzw. abgestorben und musste daher zur Gefahrenbeseitigung leider gefällt werden.

Ich komme nunmehr zur Beantwortung Ihrer konkreten Fragen:
Frage 1: Sind für die Fällung der Bäume während der Vegetationsperiode Ausnahmegenehmigungen beantragt und erteilt worden?

Für die Fällungen der Bäume sind keine Ausnahmegenehmigungen beantragt worden. § 39 Bundesnaturschutzgesetz regelt in Abs. 5, dass das Fällverbot in der Zeit vom 01. März bis zum 30.09. nicht für Maßnahmen gilt, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können, wenn sie z. B. behördlich durchgeführt werden oder der Gewährleistung der Verkehrssicherheit dienen. Ebenso gilt das Verbot nicht für zulässige Bauvorhaben, wenn nur geringfügiger Gehölzbewuchs zur Verwirklichung der Baumaßnahmen beseitigt werden muss.

Die Maßnahmen sind durch die Grünflächenabteilung durchgeführt worden und dienten, wie eben ausgeführt, der Gewährleistung der Verkehrssicherheit, soweit es sich um die Mehlbeere und die Eberesche handelt. Die Fällung des Leberhülsenbaumes war ebenso zulässig, da sie im Zuge des Bauvorhabens in der Kölner Straße erfolgen musste. Dieser Tatbestand trifft auch auf die Mehlbeere zu. Ausnahmegenehmigungen waren daher nicht erforderlich.

Die notwendige artenschutzrechtliche Untersuchung der Bäume ist im Vorfeld der Fällung durchgeführt worden und hat keine Ergebnisse ergeben.

Frage 2: Weshalb wurde die Öffentlichkeit nicht vor der Fällung informiert?

In der Regel erfolgt vor Baumfällarbeiten eine Information der Öffentlichkeit durch Bekanntmachung in der Presse. Eine solche Bekanntmachung war auch in den vergangenen Tagen, für die im Herbst anstehenden Schnittmaßnahmen an Gehölzen zu lesen. Um die Baumaßnahme durch den zusätzlichen Zeitverlust nicht zu behindern, ist in diesem Fall eine Information nicht erfolgt.

Frage 3: Wie ist es zu erklären, dass ein zu erhaltender Baum bei Bauarbeiten beschädigt wurde? Gab es Kontakt zwischen Bauliegenschafts- betrieb und Stadtverwaltung bezüglich des starken, einseitigen Rückschnitt und Verunstaltung des Baumes? Gibt es Schadenersatz vom Land für die Zerstörung eines städtischen Baumes?

Bei den Schäden am Baum handelt es sich nicht um z. B. Wurzelabgrabungen in Form von Bauarbeiten, sondern um einen notwendigen Rückschnitt, um das aus Gründen der Arbeitssicherheit erforderliche Baugerüst aufstellen zu können. Es hat diesbezüglich Gespräche mit dem Bauliegenschaftsbetrieb gegeben, wobei die sachlichen Gründe für den Rückschnitt anerkannt werden müssen. Eine Schadenersatzzahlung ist nicht vorgesehen.

Frage 4: Weshalb wurden die zuständigen städtischen Gremien nicht an der Entscheidungsfindung beteiligt (Bauausschuss, AK "Siegen – Zu neuen Ufern", Umweltausschuss)?

Es handelte sich hier lediglich um rein fachliche Entscheidungen, die der Gefahren-beseitigung dienten bzw. zum Ziel hatten, bessere Standortbedingungen für neu zu pflanzende Bäume zu schaffen. Selbstverständlich wurde im Falle der unter die Baumschutzsatzung fallenden Mehlbeere die Baumkommission beteiligt, wie oben bereits dargestellt. Die vorgesehene Beteiligung des zuständigen Gremiums ist damit erfolgt.

Frage 5: Welche Ersatzpflanzungen sind von der Verwaltung vorgesehen und an welchen Stellen? Wann werden die zuständigen Stadtgremien darüber entscheiden?

Wie bereits geschildert, werden für die gefällte Mehlbeere zwei Ebereschen in der Kölner Straße, eine unweit des bisherigen Standortes und eine am unteren Eingang der Kölner Straße, gepflanzt. Für diese Bäume werden dann auch Baumgruben hergerichtet, die optimale Entwicklungsbedingungen in der Fußgängerzone gewährleisten sollen. Für den Lederhülsenbaum am Eingang von Karstadt soll ebenfalls in einer solchen Baumgrube eine Mehlbeere gepflanzt werden. Eine Ersatzpflanzung für die Eberesche wird im Zuge der weiteren Baumaßnahmen in der Kölner Straße geprüft. Hier wird abzuklären sein, ob die Leitungssituation eine ähnliche Vorgehensweise wie im Bereich vor Karstadt - Einbau einer Baumgrube und Neupflanzung - zulässt. Die Entscheidung über die Ersatzpflanzung für die Mehlbeere wurde durch die Baumkommission bereits in der Sitzung am 10.09.2014 getroffen und wird Ihnen heute unter TOP 7 zur Kenntnis gegeben.“

Zur Nachfrage von Frau Gelling, warum die stadtbildprägende Eberesche nicht in der Baumkommission behandelt wurde, erläutert Herr Langenbach, dass in der Baum-kommission die Bäume vorgestellt werden, die der Baumschutzsatzung unterliegen. Der Baum war abgestorben und stellte in der hochfrequentierten Fußgängerzone eine Gefahr dar, weshalb er gefällt wurde.

Es wird vereinbart, die Diskussion über die Baumfällungen unter TOP 7 fortzuführen.

=> Der Ausschuss für Umwelt, Landschaftspflege und Energie des Rates der Stadt Siegen nimmt Kenntnis.

 

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