Neuvergabe der städtischen Werbenutzungsrechte der Stadt Siegen

Antrag zu TOP 4 öT der Sitzung des Rates der Stadt Siegen am 18.09.2013

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mues,


wir bitten Sie, den folgenden Antrag in der Sitzung des Rates der Stadt Siegen am 18.09.2013 auf die Tagesordnung zu nehmen:

Beschlussvorschlag

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, vor einer Ausschreibung des Nutzungsvertrags zur Werbung im öffentlichen Raum zu prüfen, ob eine Erledigung dieser Aufgabe in Eigenregie möglich und  sinnvoll ist. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dem Rat zur Entscheidung vorzulegen.
  2. Der Rat der Stadt Siegen beschließt, nach Auslaufen des jetzigen Werbenutzungsvertrages keine Werbung für Alkohol und Tabakwaren auf öffentlichen Plakatflächen mehr zuzulassen. Dies ist in die öffentliche Ausschreibung des Werbenutzungsvertrags und in die anschließend
    abzuschließenden Verträge aufzunehmen.

Begründung

Der z. Zt. mit der Firma Ströer DSM GmbH bestehende Vertrag zur Nutzung öffentlicher Plakatflächen (Werbenutzungsvertrag) läuft zum 31.12.2014 aus.
In den letzten Jahren hat es immer wieder Diskussionen über Einzelheiten der Umsetzung dieses Vertrages gegeben. Beispiele dafür sind:

  • Schließung des Büros der Fa. Ströer DSM in Siegen, daher keinen Ansprechpartner mehr vor Ort
  • missglückte städtebauliche Gestaltung bzw. ungeeignete Standorte für Plakatwände
  • unzureichende Berücksichtigung der Wünsche der Stadt Siegen zur Unterbindung von Werbung für Alkohol und Tabakwaren.

 

Es liegt auf der Hand, dass sich all diese Probleme am besten im Sinne der Stadt lösen lassen, wenn die Aufgabe Plakatwerbung durch städtische Mitarbeiter/-innen wahrgenommen wird. Eine Aufgabenerledigung durch eine städtische Tochtergesellschaft ist ebenfalls möglich.

Die fatale Wirkung von Werbung für alkoholische Getränke auf Jugendliche ist in verschiedene Studien nachgewiesen worden. Werbung für Alkoholika nimmt einen immer größeren Anteil ein. Nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen gibt die Alkoholindustrie für klassische Werbung und Sponsoring rund eine Milliarde Euro im Jahr aus. Studien zufolge richten sich knapp 30 Prozent aller Alkoholwerbespots vor allem an Jugendliche. Dabei wird der Genuss von Alkohol oft mit einem positiven Lebensgefühl verbunden. Jugendliche, die sich in einer Phase der Identitätsfindung befinden, sind hier besonders empfänglich für Werbebotschaften. Offenbar hat vor allem die Alcopop-Werbung Erfolg bei Jugendlichen.

Wie Alkoholwerbung wirkt konnte in verschiedenen Studien nachgewiesen werden. Fazit der Studien: Je mehr Alkoholwerbung Kinder und Jugendliche in ihrem täglichen Umfeld sehen, desto früher greifen sie zu alkoholischen Getränken und desto mehr werden sie später trinken.
Quelle: http://www.kenn-dein-limit.info

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur schädlichen Wirkung von Werbung für Alkohol lassen sich auf die Auswirkung von Werbung für Nikotin (Zigaretten) übertragen.

Wir sehen die Stadt Siegen in der Verantwortung, den Gefahren für Jugendliche durch Werbung für Alkoholische Getränke und Rauchwaren in dem für sie möglichen Rahmen entgegen zu treten.

Behandlung im Rat

Herr Groß führt ergänzend zum Antrag aus, dass sich die politischen Gremien wiederholt mit dem Thema „Sucht“ befasst haben. Mit dem Auslaufen des Werbenutzungsvertrages ist nun die  Gelegenheit gekommen, sich intensiver damit zu befassen.
Für die Fraktion B‘90/Grüne ist es vor allem das Ziel, auf ein Verbot von Tabak und Alkoholwerbung hinzuwirken. Die Zielgruppe sind insbesondere Kinder, die sich von dieser Werbung beeinflussen lassen.

Für die Verwaltung führt Herr Kühn aus, dass die Aufgabe „Werbemanagement“ umfassender Kompetenzen, bundesweiten Vernetzungen und entsprechender personeller Ressourcen bedarf, die in der Verwaltung nicht vorhanden sind. Hinzu kommt, dass die wirtschaftliche Betätigung einer Kommune bestimmten Kriterien unterliegt. Bei Aktivitäten, die über ein Standortmarketing hinausgehen, würde diese Grenze bald überschritten.
Zur inhaltlichen Betrachtung verweist er auf einen geplanten Vortrag eines Fachreferenten im Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung, Stadthallen und Liegenschaften zur zukünftigen Ausgestaltung des Vertrages für Werbung im öffentlichen Raum in der nächsten Woche und wirbt dafür, diesen abzuwarten und erst dann über inhaltliche Vorgaben zu befinden.

Die inhaltliche Zielsetzung ist auch für die SPD-Fraktion unstrittig, so Herr Rujanski. Diesbezüglich sollte eine Ergänzung um Werbung für Spielhallen/-geräte erfolgen, da auch dort ein beträchtliches Suchtpotenzial besteht. Wichtig ist auch eine grundsätzliche Verständigung darauf, wie viel Werbung überhaupt im öffentlichen Raum zugelassen werden soll. Bezüglich der Reihenfolge widerspricht er der Auffassung der Verwaltung und hält es vielmehr für richtig, vorab mögliche Kriterien für die Einleitung des Verfahrens festzuschreiben.

Die CDU-Fraktion hält es dem entgegen für sinnvoll, sich mit den einzelnen Punkten inhaltlicher Art im Fachausschuss auseinander zu setzen, so Herr Janson. Generell ist es richtig, die Neuvergabe des Werbenutzungsvertrages zu nutzen, um Veränderungen aufzunehmen. An dieser Stelle Entscheidungen und Einschränkungen ohne Kenntnis möglicher, auch finanzieller, Konsequenzen zu treffen hält er für kontraproduktiv.
Die CDU-Fraktion beantragt daher Überweisung an den Fachausschuss. Herr Kühn wirbt dafür, keine Vorbedingungen zu beschließen. Das Thema ist sehr diffizil und vielschichtig. Die Fachberatung sollte genutzt werden, die Gestaltungsmöglichkeiten auszuloten.

Nach Auffassung der FDP-Fraktion muss die Werbung im öffentlichen Raum in professionellen Händen bleiben, erklärt Herr Könen. Inhaltlich teilt er die Bedenken hinsichtlich der Werbung für potenzielle Suchtmittel. Er bittet aber zu differenzieren, dass z. B. die Werbung der Brauereien bei vielen Aktivitäten von Sport- und Heimatvereinen eine wichtige Einnahmequelle darstellt. Im Übrigen sieht den Umfang der Werbung in Siegen und den Grad der Beeinflussung im Vergleich zur Werbung in den Medien als äußerst gering an. Die FDP-Fraktion wird daher den Antrag in beiden Punkten ablehnen.

Die Fraktion DIE LINKE teilt im Prinzip das Ansinnen, Einfluss auf die Ausgestaltung des Vertrages zu nehmen, so Herr Gräbener. Es ist jedoch eine sehr differenzierte Betrachtung erforderlich, die, über die inhaltlichen Fragen hinaus, auch die praktische Umsetzung durch den bisherigen Vertragspartner und neue Anforderungen beinhalten muss. Darüber hinaus gibt es das sogenannte „wilde Plakatieren“ durch Private und die Vorgehensweise des Ordnungsamtes entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Er beantragt daher ergänzend einen Bericht zur Situation des sog. wilden Plakatierens, den dazu ergangenen Urteilen des Verwaltungsgerichtes Arnsberg und die Umsetzung dieser Urteile durch das Ordnungsamt.

Bürgermeister Mues verweist diesbezüglich auf den zuständigen Fachausschuss und stellt anheim, dort einen Antrag einzureichen.

Nach Auffassung von Herrn Boller hat die Selbstverpflichtung der DSM bezüglich der Werbebeschränkungen nicht immer gegriffen. Ein weiterer Kritikpunkt sind die Standorte und Arten der Werbeträger. Daraus resultiert die Überlegung, die Aufgabe der Verwaltung zu übertragen. Das Thema Alkohol- und Nikotinwerbung gehört nach seinem Verständnis in den Jugendhilfeausschuss sowie den Sozialausschuss. Einer Aufnahme des Verbotes von Werbung für Spielhallen steht im Grunde nichts entgegen.

Herr Bertelmann hält das Ziel für grundsätzlich richtig, den Konsum von Alkohol zu minimieren. Das Problem ist seines Erachtens aber weniger die Werbung, als vielmehr die Zugangsmöglichkeiten für Jugendliche. Daher sollten sich zunächst die Fachausschüsse mit diesen Fragen auseinandersetzen. Mit der Aussage der Verwaltung ist die Ziffer 1 des Antrages für die UWG-Fraktion erledigt.

Herr Groß ist für die Antragsteller mit der Beratung im Jugendhilfeausschuss, Sozialausschuss und Wirtschaftsförderungsausschuss einverstanden, um in der Sache weiter zu kommen. Einer  Veränderung der Einnahmesituation durch den Ausschluss von Produktgruppen muss seines  Erachtens die volkswirtschaftliche Betrachtung der Ausgaben gegenüber gestellt werden.

Herr Walter hält es für richtig, die Diskussion zunächst im Fachausschuss zu führen, da sich dort noch weitere Detailfragen ergeben werden.

Herr Rujanski hält fest, dass die SPD-Fraktion die Ziffer 1 des Antrages als erledigt ansieht. Zu Ziffer zwei möchte er jedoch ein Votum des Rates, da in der Sitzung des Fachausschusses Kriterien für die Ausschreibung festgelegt werden sollen.

Frau Strunk schließt sich an und sieht die Stadt Siegen in einer Vorbildrolle. Im Verlauf der weiteren Diskussion steht die Frage im Mittelpunkt, ob der Rat bereits den Ausschluss bestimmter Werbung fixieren oder die Entscheidung den Ausschüssen überlassen will.

=> Der Antrag wird zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung, Stadthallen und Liegenschaften, den Ausschuss für Soziales, Familien- und Seniorenfragen sowie den Jugendhilfeausschuss überwiesen.

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