Beauftragung eines externen Gutachters für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie bezüglich eines Autobahnanschlusses zur Anbindung des geplanten Gewerbegebietes Oberschelden/Seelbach

Antrag zur Sitzung des Rates der Stadt Siegen am 19.10.2011

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

der NRW-Verkehrsminister Harry Voigtsberger und der parlamentarische Staatssekretär Horst Becker haben in ihrer Pressekonferenz vom 22.09.2011 die weiteren Planungen der Landesregierung zu den Straßenbauprojekten vorgestellt. Ein Drittel der Bauvorhaben wurden demnach aus finanziellen Gründen und nicht zuletzt durch die Kürzungen der Infrastrukturhilfen des Bundes zurückgestellt.

Es ist davon auszugehen, dass die entstandenen Fakten eine Realisierung des durch die Stadt Siegen gewünschten Anschlusses an die A 45 zur Erschließung des Gewerbegebietes Oberschelden/Seelbach sehr unwahrscheinlich machen.
Darüber hinaus haben die offensichtlich an vielen Stellen sinnlos begonnenen Planungen in den Kassen des landeseigenen Betriebs Straßen.NRW ein Defizit von 51 Millionen Euro verursacht. Nun findet eine Konzentration auf die realistischen Projekte statt. Dies ist sicher auch im Sinne der Steuerzahlenden.

Als Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen sehen wir aufgrund der veränderten landes- sowie bundespolitischen Einstellung zu neuen Straßenprojekten einen dringenden Handlungsbedarf der Stadtverwaltung hin zu einer realistischeren Einschätzung Siegener Straßenplanungen. Dies bedeutet, dass das Planungsverfahren bezüglich des Gewerbegebietes Oberschelden/Seelbach grundsätzlich zu überdenken ist, da nach aktueller Beschlusslage dieses Areals ohne Anbindung an die A 45 nicht realisiert wird.

Beschlussvorschlag

  1. Aufgrund der sehr angespannten Haushaltslage des Landes NRW und der Stadt Siegen stellt die Verwaltung der Stadt Siegen ihre Bemühungen, ein externes Unternehmen mit der Begutachtung einer Machbarkeitsstudie bezüglich der Realisierung eines Autobahnanschlusses für das Gewerbegebiet Oberschelden/ Seelbach zu beauftragen, ein.
  2. Wenn die Realisierung eines Autobahnanschlusses aufgrund der neu entstandenen politischen wie auch finanziellen Gründe unwahrscheinlich ist, ist von der Verwaltung zu prüfen, ob das gesamte Planfeststellungsverfahren für das Areal Oberschelden/Seelbach eingestellt werden sollte.
  3. Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, welche Brachflächen durch die durch Einstellung des Planungsverfahren freiwerdenden finanziellen Mittel saniert bzw. teilsaniert werde

 
Behandlung im Rat am 19.10.11

4.1 Beauftragung eines externen Gutachters für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie bezüglich eines Autobahnanschlusses zur Anbindung
des geplanten Gewerbegebietes Oberschelden/Seelbach
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Herr Puchelt begründet ausführlich die Position der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, von der Erstellung der Machbarkeitsstudie abzusehen, da eine Realisierung
des Autobahnanschlusses unter den gegebenen landespolitischen Vorzeichen
als unrealistisch erscheint.

Herr Gräbener verweist auf die Anfrage der Fraktion DIE LINKE in der letzten Sitzung
zu diesem Thema und die Grundsatzentscheidung des Rates, das Gewerbegebiet
nur unter der Bedingung eines Autobahnanschlusses zu erschließen. Daher halte er
eine Änderung des Antrages mit der Formulierung "da die Realisierung eines Autobahnanschlusses unwahrscheinlich ist, ist das Planverfahren einzustellen" für folgerichtig. Auch aus finanziellen Gründen sei der Bau eines Autobahnanschlusses
nicht umsetzbar. In der Konsequenz müsste der Beschluss zur Realisierung des Gewerbegebietes zurückgenommen werden.

Herr R. Heupel hält fest, dass die Verfügbarkeit von Gewerbe- und Industrieflächen
ein maßgebliches Kriterium für ansiedlungswillige Unternehmen ist. Die Flächen
werden auch benötigt, um Siegener Unternehmen mit Erweiterungsbedarf im Stadtgebiet zu halten. Beides schaffe und erhalte Arbeitsplätze in der Stadt und spare u. a. Fahrtkosten. Die Position der Grünen, Infrastrukturmaßnahmen dem Naturschutz unterzuordnen, sei bekannt. Die Antragsbegründung halte er jedoch angesichts der Unzuständigkeit des Landes sowohl bei der Schaffung von Gewerbegebieten als auch beim Bau  von Autobahnanschlüssen für abwegig. Die Machbarkeitsstudie sei erforderlich, um die Durchführbarkeit des Projektes zu klären.

Herr Walter führt aus, aufgrund der guten Nachfrage und der unproblematischen Anbindung sollte alle Kraft in die zügige Vervollständigung des Gewerbegebietes Leimbachtal/Martinshardt gesetzt werden. Die bereits heute nicht zu lösenden Verkehrsprobleme in Gosenbach und Oberschelden ließen zusätzlichen, durch das Gewerbegebiet Oberschelden/Seelbach entstehenden Verkehr nicht zu. Zudem könne dort nur Gewerbe angesiedelt werden, es würde aber auch Industrieflächen, wie im Leimbachtal verfügbar, benötigt.

Herr Rujanski stellt fest, dass sowohl in der Argumentation der Antragsteller als auch
in der der Linken Annahmen in Tatsachenbehauptungen umgewandelt werden. Er
halte jedoch konkrete Belege als Basis für eine Entscheidung für unerlässlich. Die
SPD-Fraktion halte auch Gewerbe- und Industriegebiete für erforderlich, um dem
demografischen Wandel zu begegnen. Zukunftssichere Ausbildungs- und Arbeitsplätze binden die Menschen an die Stadt oder dienen als Anreiz, nach Siegen zu ziehen. Auch die gut ausgebildeten Absolventen der Universität sollten in der Region bleiben können. Nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Gewerkschaften fordern, eine Perspektive für ortsnahe Arbeitsplätze zu eröffnen. Im Übrigen sei ein Autobahnanschluss ein Vermarktungskriterium erster Güte. Die SPD-Fraktion bleibe daher bei ihrer langjährigen Position und werde den Antrag ablehnen.

Die UWG-Fraktion halte es auch für konsequent, so Herr Bertelmann, die Voraussetzungen für die Realisierung des Autobahnanschluss zu schaffen, wenn er wiederum der Entlastung der Ortschaften diene. Wenn der Bund zwischenzeitlich bereit sei, von seinen bisherigen Vorgaben für einen Autobahnanschluss abzurücken, müsse in der Folge auch das erforderliche Gutachten erstellt werden. Das Für und Wider zum Gewerbegebiet sei hinlänglich diskutiert, die UWG-Fraktion unterstütze die Forderung und lehne den Antrag daher ab.

Die Position der Grünen richte sich nicht gegen Arbeitsplätze, so Herr Puchelt, wie
auch die Zustimmung zum Gewerbegebiet Leimbachtal zeige. Es gehe an dieser
Stelle um die Klarstellung, dass die Realisierung des Gewerbegebietes Oberschelden/Seelbach nicht möglich sein werde und somit weiterer Planungsaufwand entbehrlich sei. Im Übrigen erwarte er kein positives Ergebnis des Prüfauftrages.

Frau Höpfner-Diezemann hält es für richtig, dass die Positionen zum Gewerbegebiet
Oberschelden/Seelbach noch einmal deutlich werden. Ihres Erachtens gebe ein Verzicht auf das Gebiet in diesem Planungsstadium ein falsches Signal in punkto Arbeitsplätze. Die Brachflächenproblematik sei bereits vielfach diskutiert worden. Unverändert sei die Nachfrage auf Grund hoher Vorinvestitionen nicht vorhanden.

Herr Groß entgegnet, seit Jahren setze die Politik auf die Erschließung frischer Flächen, statt sich um die Nutzbarmachung von Brachflächen zu kümmern. Der trotz der allgemein negativen Entwicklung unveränderte Gewerbeflächenbedarf sei für ihn
nicht nachvollziehbar.

Herr Spies beantragt zur Geschäftsordnung Ende der Rednerliste.
Es sind noch Frau Höpfner-Diezemann, Herr Gräbener und Herr Walter notiert.
=> Der Rat der Stadt Siegen stimmt mehrheitlich dem Antrag auf Ende der Rednerliste zu.

Herr Gräbener kritisiert in seinem Wortbeitrag das Kirchturmdenken in der Gewerbeflächenpolitik und fordert eine breite interkommunale Zusammenarbeit. Darüber hinaus unterstützt er die Bemühungen um die Reaktivierung von Brachflächen.

Herr Walter erklärt, die FDP-Fraktion lehne das Gewerbegebiet Oberschelden/
Seelbach aus den genannten Gründen ab und werde daher dem Antrag zustimmen.

Bezug nehmend auf die Wortmeldung von Frau Schneider weist Bürgermeister Mues
darauf hin, dass die Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsplatz, sei es auch
"nur" im Umland, für die einzelnen Arbeitnehmer mit nicht unbeträchtlichen Kosten
verbunden sei. Auch der Klimaschutz sollte dieser Diskussion mit bedacht werden.

Beschluss

  1. Aufgrund der sehr angespannten Haushaltslage des Landes NRW und der Stadt Siegen stellt die Verwaltung der Stadt Siegen ihre Bemühungen ein, ein externes Unternehmen mit der Begutachtung einer Machbarkeitsstudie bezüglich der Realisierung eine Autobahnanschlusses für das Gewerbegebiet Oberschelden/
    Seelbach zu beauftragen.
  2. Wenn die Realisierung eines Autobahnanschlusses aufgrund der neu entstandenen politischen wie auch finanziellen Gründe unwahrscheinlich ist, ist von der Verwaltung zu prüfen, ob das gesamte Planfeststellungsverfahren für das Areal Oberschelden/Seelbach eingestellt werden sollte.
  3. Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, welche Brachflächen durch die durch die Einstellung des Planungsverfahrens freiwerdenden finanziellen Mittel saniert bzw. teilsaniert werden könnten. Hierzu soll auch die Möglichkeit der Beantragung von Fördermitteln des Landes geprüft werden.

 

Beratungsergebnis: 19 Stimmen dafür, 44 dagegen, 1 Enthaltungen

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