Siegen, 17.02.2006

Anfrage zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses der Stadt Siegen am 07.03.2006
Kürzungen im Kinder- und Jugendbereich im Haushaltsplan 2006 des Landes NRW - Anfrage zu den Auswirkungen


Die Landesregierung will sowohl im Bereich der landesgesetzlichen Leistungen Einsparungen vornehmen, als auch bei den landesfinanzierten Förderprogrammen insgesamt 165 Millionen Euro in allen Förderbereichen einsparen.
Die zu erwartenden Kürzungen bedeuten erhebliche finanzielle Einschnitte, insbesondere für die Kommunen und  die freien Träger. 
In Zahlen lesen sich die Kürzungen im GTK und die weiteren Kürzungen im Bereich des
Haushalts für Kinder/Jugend/Familie im Landeshaushalt so:

1. Tageseinrichtungen für Kinder
Die GTK-Betriebskosten sollen von 940 118 000 Euro um 104 818 000 Euro auf dann
835 300 000 Euro gekürzt werden.

Erläuterung: Gerade ärmere Kommunen bzw. Kommunen mit einer eher einkommensschwachen Bevölkerung sind besonders betroffen von der geplanten Abschaffung des Elternbeitragsdefizitausgleichverfahrens. Das Aufkommen an Elternbeiträgen soll 19% der Ausgaben für Kitas decken; wird diese Summe nicht erreicht - der Landesdurchschnitt liegt etwas über 15% - zahlt das Land dafür bisher einen Ausgleich. Dieser soll im Haushaltsbegleitgesetz abgeschafft werden, stattdessen können die Kommunen selbst die Beiträge - sozial gestaffelt - erheben. Die bisher landesgesetzlich verankerte Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder wird abgeschafft. Eine Höchstgrenze für Elternbeiträge ist nicht vorgesehen.
Bestandteil der Betriebskostenzuschüsse des Landes sind auch Mittel für Sachkosten. Diese werden gekürzt.
Keine finanzielle Unterstützung des Landes gibt es für die Schaffung neuer Betreuungsplätze für unter 3 jährige Kinder.

Unsere Fragen:
1. Welche Auswirkungen haben die Kürzungen auf Einrichtungen in der Stadt Siegen?

Antwort von Herrn Fischer, Fachbereitchsleiter (in gekürzter Form): Durch die vorgesehene Änderung der Finanzierungsbeteiligung an den Betriebskosten durch das Land NRW würden sich die Landeszuweisungen an die Stadt Siegen um ca. 500.000€ p.a. reduzieren. Die Mindereinnahmen der Träger von Tageseinrichtungen in Siegen würden sich voraussichtlich auf rund 281.000€ p.a. belaufen (durch die Fortführung der Kürzung der Sachkostenpauschalen, analog der Jahre 04/05).

2. Wie sollen die Landeskürzungen aufgefangen werden  (Erhöhung der Elternbeiträge oder Erhöhung der städtischen Zuschüsse)?

Antwort: Die abschließende Haushaltsberatung ist für den 17./18.05.06 (3. Lesung und Verabschiedung im Plenum des Landtags) vorgesehen. Auch im Hinblick auf die derzeit laufende „Volksinitiative NRW 2006 gegen Kürzungen der Landesförderung bei Kindern, Jugendlichen und Familien“ bleibt zunächst abzuwarten, ob und in welchem Umfang tatsächlich Änderungen eintreten.

3. Mit welchen Zusatzkosten müssen die Eltern im Stadtgebiet rechnen?

Antwort: Mit dem Haushaltsbegleitgesetz plant die Landesregierung u.a. eine Änderung des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK). Danach ist vorgesehen, dass die örtlichen Träger de Jugendhilfe die Elternbeiträge künftige für ihren Bezirk eigenständig festsetzen. Zunächst ist auch hier abzuwarten, ob und in ggf. welcher Form diese Änderungen eintreten werden. Sofern die Landeszuschüsse tatsächlich gekürzt werden, muss der Rat der Stadt Siegen entscheiden, in welcher Form diese Mindereinnahmen kompensiert werden. Eine Variante wäre, die Erlöse aus den Elternbeiträgen zu steigern. Die Veränderung der Elternbeiträge kann nach Dafürhalten der Verwaltung des Jugendamtes aber nur in Abstimmung zwischen den Jugendämtern der Stadt und des Kreises erfolgen. Konkrete Angaben zu den möglichen Zusatzkosten können daher derzeit nicht gemacht werden.

4. Hält die Verwaltung eine Erhöhung der Beiträge für vereinbar mit den Zielen für eine familienfreundliche und familienfördernde Politik?

Antwort: Nein.


2. Landesjugendplan

Die Mittel im Landesjugendplan sollen von 96 Millionen um 21 Millionen auf
75 Millionen Euro gekürzt werden.

Erläuterung: Das Ende 2004 verabschiedete Jugendfördergesetz sah im § 16, Absatz 1 insgesamt 96 Millionen Euro für das Jahr 2006 vor. Dies war der politische Erfolg einer Volksinitiative gegen die rot-grünen Sparpläne, die von der damaligen Opposition unterstützt wurde. Im Landtag wurde die Summe von 96 Millionen Euro für das Jahr 2006 von allen Fraktionen mitgetragen, die Forderungen von CDU und FDP gingen sogar ursprünglich noch weiter.
Das ist Schnee von gestern, nunmehr setzt schwarz-gelb selbst den Rotstift an. Von den
Kürzungen betroffen sind alle Bereiche der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, Kulturarbeit, Zusammenarbeit mit Schule, Häuser der offenen Türen, Verbandsarbeit usw.

Unsere Fragen:
5. Mit welchem Kürzungsvolumen ist angesichts der Landeszahlen für den Bereich der Stadt Siegen zu rechnen?

Antwort: Zunächst bleibt auch hier abzuwarten, ob die beabsichtigten Kürzungen tatsächlich in dieser Form realisiert werden. Auch hier wurde eine Volksinitiative „Jugend braucht Vertrauen“ durch die Jugendverbände gestartet.
Gegenüber den Jahren 2004/2005 erfolgen aber keine Kürzungen der Gesamtmittel des Landesjugendplanes (die Kürzung der Mittel erfolgte bereits 2004 im Vergleich zu den Vorjahren und sollte für 2006 wieder zurückgenommen werden).
Für 2006 sind aber  - wie im Vorjahr – lediglich Zuweisungen an das Jugendamt der Stadt Siegen in Höhe von rund 123.000.€ für die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen veranschlagt.

6. Welche Auswirkungen haben die Kürzungen auf einzelne Einrichtungen in der Stadt Siegen (Freie Träger und kommunale Einrichtungen)? Wie sollen die Landeskürzungen aufgefangen werden?

Antwort: Für die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen ergeben sich auf örtlicher Ebene zunächst hinsichtlich dieser Förderposition keine Veränderungen gegenüber dem Vorjahr. Weitere Auswirkungen auf andere Angebote sind noch unklar, da derzeit nicht bekannt ist, welche einzelnen Positionen des Landesjugendplanes mit welchen Mitteln ausgestattet werden und nach welchen Maßgaben diese Mittel vergeben werden. Voraussichtlichergeben sich jedoch erhebliche Kürzungen bei der Projektförderung. Gleiches gilt dem Vernehmen nach für die Förderung der Jugendsozialarbeit (z.B. Schule und Beruf). Auswirkungen ergeben sich ggf. auch dadurch, dass die Jugendverbände auf Landesebene weniger Mittel an die örtlichen Jugendverbände weiterleiten können.


3. Familienhilfe
Die Familienhilfe- und bildung soll von 22 998 200 Euro (Plan 2005) um 2 875 800 Euro auf  20 122 400 Euro gekürzt werden.

Bei Einrichtungen der Familienbildung soll von 15 289 500 Euro (Plan 2005) um 899.400 Euro auf 14 390 100 Euro gekürzt werden.

Und auch die Mittel für die Familienselbsthilfe soll von 796 400 Euro (Plan 2005) um 159.300 Euro auf 637.100 Euro reduziert werden.

Hinzu kommen eine Vielzahl kleinerer Positionen der Familien-, Kinder- und Jugendpolitik.

Erläuterung: Die Kürzungen umfassen freie und öffentliche Träger, die betroffenen Einrichtungen sind insbesondere die Familienberatungsstellen, Erziehungsberatungs-stellen, Familienbildungsstätten, aber auch die Schuldnerberatung. Die genannten Bereiche sind in der Regel mischfinanziert aus kommunalen-, Landes- und Trägermitteln. Eine Kürzung der Landesmittel ohne Ausgleich durch die Kommune oder den Träger ist daher sofort Existenz gefährdend.
Weiterhin auch betroffen die Familienverbände oder Selbsthilfe, die z.T. auch Ortsgruppen haben, z.B. Verband binationaler Partnerschaften, Verband alleinerziehender Mütter und Väter oder Kinderschutzbund.

Unsere Fragen:
7. Mit welchem Kürzungsvolumen ist angesichts der Landeszahlen für den Bereich der Stadt Siegen zu rechnen?

8. Welche Auswirkungen haben die Kürzungen auf einzelne Einrichtungen in der Stadt Siegen (Freie Träger und kommunale Einrichtungen)? Welche Angebote sind ggf. existenziell bedroht?

9. Wie sollen die Landeskürzungen aufgefangen werden? 

Antwort zu 7-9: Die geplanten Kürzungen betreffen die Bereiche §16 KJHG – allg. Förderung der Erziehung in der Familie, §17 KJHG – Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechtes sowie §28 KJHG  - Erziehungsberatung. Der Verwaltung des Jugendamtes sind in diesem Zusammenhang auch nur die Veröffentlichungen seitens der Landesregierung bekannt. Insoweit kann zu en tatsächlichen Auswirkungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine abschließende Bewertung erfolgen. Die Erziehungsberatung der Ev. Jugendhilfe ist nach jetzigem Kenntnisstand mit rd. 9.000€ betroffen. Der Träger hat inzwischen in dieser Fragestellung Kontakt zur Jugendverwaltung aufgenommen. Ein Erörterungsgespräch wurde aber noch nicht verabredet.
Seitens der Stadt wurde in der Vergangenheit betont und festgelegt, dass Ausfälle von Landesmitteln nicht zu einer Mehrbelastung im Rahmen des kommunalen Haushaltes führen dürfen. Soweit diese Position unverändert bleibt, sind nicht nur Standardkürzungen vorzunehmen, vielmehr besteht auch die Gefahr, dass vorhandene Strukturen nicht mehr aufrechterhalten werden können

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