Siegen, 31.01.2003

Antrag gem. § 9 der Geschäftsordnung zur Sitzung des Rates der Stadt Siegen am 05.02.2003
Einhaltung von Umweltstandards bei Vertragspartnern der Stadt Siegen

Beschlussvorschlag

1. Die Stadt Siegen achtet bei Auftragsvergaben verstärkt auf die Einhaltung anerkannter ökologischer und sozialer Standards bei ihren Vertragspartnern.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit den Arbeitsgruppen zur lokalen Agenda 21 und den Eine-Welt-Gruppen in Siegen einen entsprechenden  Kriterienkatalog zu erarbeiten und dem Rat zur Beschlussfassung vorzulegen.
3. In Umsetzung des Beschlussvorschlags zu Punkt 1 schließt die Stadt Siegen keine weiteren Verträge mit der West-LB, solange die Einhaltung der Umweltstandards der Weltbank nicht bei allen Projekten der West-LB gesichert ist.

Begründung
Es gibt eine Vielzahl von Beschlüssen des Rates und seiner Ausschüsse zu den Themen Erarbeitung einer lokalen Agenda 21, nachhaltige Entwicklung, zukunftsfähige Energieversorgung (Klimabündnis der Städte) usw.
Diese Beschlüsse bleiben aber allzu oft auf der Ebene von Sonntagsreden stehen und haben keinerlei praktische Konsequenzen.
Wichtig im Sinne des Ziels einer nachhaltigen Entwicklung ist aber nicht nur das Handeln der Stadt Siegen, sondern auch das Handeln ihrer Vertragspartner.
So werden tatsächlichen oder potentiellen Vertragspartnern der Stadt Siegen Verstöße gegen internationale Standards vorgeworfen, die zum Teil Gegenstand der Arbeit internationaler Untersuchungskommissionen sind.
Dabei ging bzw. geht es beispielhaft um:
- intensive Zusammenarbeit mit dem ehem. Apartheidregime in Südafrika
- Auslieferung von Gewerkschaftsführern an die ehem. Militärjunta in Argentinien
- Lieferung von Bauteilen für Giftgasanlagen an Libyen und den Irak

Ein besonders gut dokumentierter Vorgang in diesem Zusammenhang ist die Finanzierung der Erölpipeline OCP in Ecuador durch die Westdeutsche Landesbank.

Die West LB führt ein internationales Bankenkonsortium zur Finanzierung dieses 1,1- Milliarden-Dollar-Projektes an - einer 500 Kilometer langen Erdölleitung durch Ecuador. Umweltschutzorganisationen haben seit langem darauf hingewiesen, dass diese  Pipeline wertvolle Regenwaldgebiete zerstört, durch erdbebengefährdete Regionen führt und die wirtschaftliche Existenz der Menschen in der Region bedroht.
Diese Probleme und die abzusehenden Folgen haben dazu geführt, dass sich andere Banken (Dt. Bank z. B.) frühzeitig aus dem umstrittenen Projekt zurückgezogen haben.

Die West LB hat immer erklärt, unabdingbare Voraussetzung für das Engagement der Bank sei die Einhaltung der weltweit anerkannten Umwelt- und Sozialstandards (sog. safeguards) der Weltbank.

Dazu ist allerdings festzustellen :

Die Umweltbilanz des Gesamtprojektes der 500 Kilometer langen Erdölleitung durch Ecuador ist verheerend. Es besteht kein Zweifel mehr, dass die Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank in zentralen Fragen fundamental missachtet wurden. Das belegen die dezidierten mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen der Experten ebenso eindrucksvoll wie die Distanzierung der Weltbank selbst in ihrem Schreiben vom 19.12.2001 an die Betreibergesellschaft OCP.

So erklärte sogar Elaina Serrano, Weltbank Washington D.C.  in einem Monitor-Beitrag vom 17.01.2002 wörtlich:
"Erstens sind wir besorgt um das zerbrechliche ökologische Gleichgewicht in dieser Region in Ecuador, die wir gut kennen, weil wir dort mehrere eigene Umweltschutzprojekte unterhalten. Zweitens sind wir besorgt, dass unsere Standards nicht eingehalten werden, unser Name aber missbraucht wird, um das Projekt abzusegnen, wenn es die Standards nicht einhält."

Zwischenzeitlich liegt auch ein Gutachten von Dr. Robert Goodland , einem der Autoren der Umweltstandards der Weltbank vor, das keine Zweifel mehr an Verstößen gegen diese Umweltstandards lässt.


Die West LB hat ausdrücklich erklärt, sie habe bei Nichteinhaltung der Weltbankstandards ein besonderes Kündigungsrecht.

Nun muss die West LB reagieren. Es ist nicht hinzunehmen, dass die West LB ein Projekt mitfinanziert, das zur Zerstörung des Regenwaldes führt und den Lebensraum der dort lebenden Menschen bedroht. Durch ihr borniertes Verhalten schadet die West LB nicht nur ihrem eigenen Ruf, sondern auch dem ihrer Geschäftspartner, wie zum Beispiel der Stadt Siegen.

Vor dem Hintergrund der anfangs erwähnten Beschlüsse des Rates ist daher eine weitere Zusammenarbeit mit der West-LB solange nicht mehr möglich, bis die Einhaltung aller ökologischen und sozialen Standards der Weltbank auch bei dem OCP-Projekt sicher gestellt ist.

 

Ergebnis der Behandlung im Rat:

Mehrheitlich dagegen, 4 (grüne) Stimmen dafür, 1 Enthaltung

Grüne Geschäftsstelle

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