Haushaltsrede zum Haushalt 2014

Gehalten von Michael Groß
am 19.02.2014


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren des Rates,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt,

ich möchte meine diesjährige Haushaltsrede mit einem kleinen Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre beginnen. Wir meinen, diese durch Haushaltskrisen gekennzeichnete Periode hat gezeigt, dass diese Stadt handlungsfähig bleiben will und sich nach Kräften gegen den Nothaushalt und gegen Landrat Breuer stemmt, der mit seiner unmäßigen Kreisumlagen-Politik oder der fortgesetzten millionenschweren Subvention des Siegerlandflughafens die Not der Kommunen noch vergrößert. Wir meinen, dass in dieser schwierigen Zeit keine der verschiedenen Ratsfraktionen der populistischen Versuchung erlegen ist, die Krise für einfache parteipolitische Dinge zu nutzen. Das ist gut so und zeugt von der Demokratiefähigkeit und Einsichtsfähigkeit unseres kommunalen Parlaments. Beleg dafür sind auch die wechselnden Haushaltsmehrheiten, die sich in den verschiedenen Jahren gebildet haben, um die Geschicke in dieser Stadt zu lenken und zu gestalten. Die Fraktionen sind nicht immer einig, aber sie reden miteinander und suchen, bislang oft gemeinsam, nach Lösungen. Dabei sind uns trotz der Finanzkrise einige bemerkenswerte Projekte gelungen, die zeigen, dass wir in den letzten fünf Jahren doch viel umsetzen konnten.

Ich nenne als erstes „Siegen - Zu neuen Ufern“ und die weitere Siegufergestaltung. Hier sind wir GRÜNE natürlich besonders stolz, dass der Rat der Stadt Siegen die erforderlichen Beschlüsse gefasst hat, nachdem wir über 21 Jahre für den Abriss der Siegplatte und die Neugestaltung des Siegufers gekämpft haben. Heute nun sonnen sich viele an diesem großen Erfolg und andere Fraktionen haben das Gefühl, sie seinen es doch eigentlich gewesen, die das Ganze schon immer hätten bewegen wollen. Naja, man wird vielleicht etwas vergesslich. Aber Sie haben ja uns, wir erinnern Sie immer mal wieder gerne daran, auf wessen Initiative diese Stadt endlich eine der größten städtebaulichen Sünden beseitigt hat.
Wir freuen uns auch, dass es im letzten Jahr gelungen ist, weitere Planungsaufträge für die angrenzenden Flussabschnitte in Auftrag zu geben. Siegen - Zu neuen Ufern bezieht sich eben nicht nur auf die paar Hundert Meter links und rechts der Fußgängerzonen, sondern hat das Zeug dazu, unsere gesamte Innenstadt neu und bürgerfreundlich zu gestalten.

Froh sind wir auch, dass es nun gelingt, Teile der Universität im Unteren Schloss unterzubringen - übrigens auch eine jahrzehntealte Forderung der GRÜNEN. Wenn wir auch nicht mit jedem Detail bei der Umsetzung dieser stadt-entwicklungspolitisch richtungsweisenden Entscheidung einverstanden sind, so unterstützen wir doch die Umsetzung mit voller Überzeugung. Dass in der Ausführung, ähnlich wie bei Siegen - Zu neuen Ufern, das Gestalterische einige Male zu kurz kommt, ist schade und manchmal eine wirklich vertane Chance. Aber immerhin: die grobe Richtung stimmt.

Sie stimmt auch in einigen anderen Fragen, etwa bei der Entscheidung, die alte, völlig marode ehemalige Jugendherberge im Oberen Schloss nicht zu veräußern. Damit gewinnen wir die Option, den schönen und gut angenommenen Schlosspark zu erweitern. Wir GRÜNE haben hierzu einige Ideen. So treten wir dafür ein, dieses Gebäude abzureißen und durch eine Neugestaltung der Fläche zusätzliche Aufenthaltsmöglichkeiten für die Bürger/-innen unserer Stadt zu schaffen, insbesondere auch für Familien mit Kindern. Mehr Tische, mehr Bänke und Wasser als zusätzliches Spielelement... ,vieles ist hier denkbar und wird der etwas vernachlässigten Oberstadt gut tun.

Gut auch die Einigkeit des Rates in Sachen Vergnügungssteuer. Wenn wir auch im Kampf gegen die immense Ausbreitung der Spielhallen noch kein wirkliches Mittel gefunden haben, so sind wir doch mit der Ratsmehrheit einig, diese Spielhallen so hoch wie möglich zu besteuern. Dass hier aber tatsächlich weitere Maßnahmen notwendig sind, ist uns sicher allen klar.

Auch beim Tierschutz sind uns in dem von der Kommune zu beeinflussenden Bereich gemeinsam einige Fortschritte gelungen, etwa bei der Errichtung von Taubenhäusern, dem Kastrationsgebot bei Katzen, aber auch bei dem Verbot, in unseren städtischen Hallen exotische Tiere zur Schau zu stellen oder Wildtiere im Zirkus auf öffentlichen Flächen zu präsentieren. Ein weiterer Erfolg: durch die Halbierung der Laufzeit des Konzessionsvertrages werden wir in absehbarer Zeit eine ernsthafte Möglichkeit für die Rekommunalisierung der Stromversorgung haben. Wir hoffen sehr, dass Sie diese Chance mit uns gemeinsam nutzen werden.

Aber es gibt leider auch dunkle Stellen in der Betrachtung der Leistung des Stadtrates in den vergangen Jahren. Katastrophal etwa der Umgang mit der sogenannten Unischule. Dass es in unserer heutigen Zeit immer noch strittig sein kann, dass Kinder bei längerem gemeinsamem Lernen bessere Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten haben, ist bestürzend und nur damit zu erklären, dass in den verschiedenen Fraktionen diejenigen, die etwas vom Fach verstehen, gnadenlos untergebuttert wurden. Die Schulpolitiker jedenfalls waren einig: eine Uni- und/oder Primusschule wäre ein wirklicher bildungspolitischer Fortschritt gewesen, von dem vor allem die Kinder unserer Stadt profitiert hätten. Leider haben dann letztendlich vor allem die fachfremden Ratskollegen diese Idee zu Nichte gemacht.

Mindestens ebenso traurig ist das, was unsere Stadt in Sachen Klimaschutz alles versäumt hat. Dabei sollte allen klar sein, dass die Energiewende nur dann gelingen kann, wenn dem Nein zur zerstörerischen Atomkraft und dem Nein zur umweltschädlichen Kohlekraft auch ein wirkliches und ernsthaftes Ja folgt. Ein Ja zu Sonne und Wind. Aber das, was erst einmal so abstrakt daher kommt, muss endlich auch in handfeste Politik in unserer Kommune umgesetzt werden. Hier wurde in den vergangenen Jahren nichts getan, rein gar nichts. Ich habe das Gefühl, dass es SPD und CDU mit der Energiewende nicht wirklich ernst meinen. Die in der Fukushima-Krise gefassten Beschlüsse möchten CDU und SPD lieber heute als morgen wieder rückgängig machen. Offenbar haben sie die andauernden schlimmen Auswirkungen dieser Katastrophe vergessen.

Kommunal wollen wir jetzt Taten sehen - wir müssen endlich brauchbare Windvorrangflächen ausweisen. In der nächsten Periode brauchen wir auch in unserer Region dazu endlich Entscheidungen, die einen wirklichen Beitrag zur Energiewende leisten und nicht immer wieder nur neue Gutachten.

Sehr geehrte Damen und Herren,
bevor ich zu den Haushaltsvorschlägen von CDU und SPD komme, möchte ich zwei Dinge ansprechen, die schon seit Jahren die kommunale Arbeit belasten:

  1. Nach wie vor ist es bei in den meisten Fachausschüssen nicht gelungen, endlich einmal eine Debatte über die politischen Ziele, die die Stadt in den jeweiligen Arbeitsfeldern verfolgt, zu führen oder sogar einmal Ziele festzulegen. Das aber war eine sinnvolle und auch gewünschte Prämisse bei der Einführung des NKF. Geschieht dies nicht, hat die Einführung unter dem Strich vor allem eins gebracht: Intransparenz für die Bevölkerung und erschwertes Arbeiten für die Kommunalpolitik. Da hilft es auch wenig, dass das tausendseitige Zahlenwerk ohne jede Erläuterung ins Internet zugestellt wird. An der derzeitigen Form kann man nur selten tatsächlich erkennen, was genau denn die Stadt Siegen finanziert und was politisch gewollt wird.
  2. Die katastrophalen Aufschlüsselungen im Personaletat sind ebenfalls ein großes Ärgernis. Wir haben seit Jahren in verschiedenen Ausschüssen gefragt, wie sich denn die zum Teil sprunghaften Veränderungen der Personalkosten bei gleich-bleibenden Stellenanteilen oder aber die sprunghaft veränderten Stellenanteile mit den gleichbleibenden Personalkosten erklären lassen. In den Fachausschüssen konnte das niemand schlüssig erläutern. Dass aber auch die Personalverwaltung hier keine nachvollziehbaren Erklärungen liefern kann, ist nicht akzeptabel. Hier erwarten wir umgehende Aufklärung und zwar nicht erst zum nächsten Haushalt. Auch die Ermittlung von Personalbedarfen und Reaktionen auf Arbeitsüberlastungen sind so kaum möglich.

Ich komme nun zu den Haushaltsvorschlägen von CDU und SPD.
Sehr geehrte Damen und Herren, nachdem meine Fraktion an den Gesprächen zur Haushaltskonsolidierung, wie alle anderen auch, teilgenommen hat, waren wir eigentlich guter Dinge. Bis auf die fehlende Erhöhung der Gewerbesteuer hätten wir die meisten Vorschläge mittragen können. Nachdem wir nun aber die Vorschläge von CDU und SPD im Detail auf dem Tisch haben, kann man nur fragen: was hat Sie denn da geritten??

Statt grünes Licht für die sicher schmerzhafte Gewinnabführung von der SVB zu geben, legen Sie bei der Grundsteuer B nochmal eine Schippe obendrauf. Von einer Lastenverteilung kann keine Rede mehr sein. Die Kosten der Krise bezahlen im Wesentlichen die Mieter in unserer Stadt, an die das Ganze ja weitergegeben wird. Das ist unsozial und ungerecht und im Übrigen: besonders attraktiv wird Siegen dadurch als Wohnstandort auch nicht. Ein weiterer, kleiner Baustein dafür, dass die 100 000 Einwohnermarke wohl auf immer unerreichbar sein wird.

Unsere Alternative zu der nun schon zum 2. Mal stattfindenden, unsozialen Erhöhung der Grundsteuer ist klar: Wir jedenfalls wollen dem Beispiel der Netphener Stadtverwaltung folgen und die Gewerbesteuer um 14 Prozentpunkte erhöhen - das ergibt Mehreinnahmen von mehr als 1,6 Mio. € pro Jahr. Ich höre natürlich schon das Geschrei: „Dann werden die Betriebe in den Ruin getrieben oder wandern alle ab". Aber mal ganz im Ernst, meine Damen und Herren, glauben Sie das wirklich? Zum einen wird Gewerbesteuer nur von Betrieben gezahlt die Gewinn machen, denen es also gut geht, zum anderen, denken Sie wirklich, dass eine Steuererhöhung von gerade einmal 3% irgendeinen Betrieb zum Abwandern treibt?

Das Sie aus der von der Verwaltung vorgeschlagenen Zweitwohnungssteuer nun als Kommunalwahlkampfkompromiss nur einen Prüfauftrag machen, kann ja fast schon belustigen, wäre es nicht so traurig. Was gibt es denn da zu prüfen? Sagen Sie doch mal klar: sind Sie dafür oder sind Sie dagegen? – Nein, meine Damen und Herren der CDU und der SPD, hier wird aus rein taktischen Gründen Erörterungs- und Informationsbedarf vorgeschoben, aus Angst, der Wähler könnte eine solche Steuer am 25.05.2014 nicht so gut finden. Offenheit und Transparenz geht anders, meine Damen und Herren. Wir jedenfalls bleiben hier unsere Antwort nicht schuldig: wir halten die Einführung der Zweitwohnungssteuer für vertretbar.

Genau dieselbe Handschrift trägt ihre Vereinbarung zu den Bädern in Siegen. Da will man prüfen! Sehr schön, meine Damen und Herren! Da ist Ihnen wohl ein kleiner Lapsus unterlaufen: Sie haben gar nicht geschrieben, was denn geprüft werden soll. Oder sollte es etwa so sein, dass Sie das selber gar nicht so genau wissen? Schließlich liegt ja ein umfassendes Bädergutachten vor. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie hier vor der Kommunalwahl klar sagen, was Sie wollen: Bäder schließen, ja oder nein? Ja, und wenn man Klarheit fordert, muss man sie auch selber liefern - also: wir wollen die Siegener Bäderlandschaft erhalten - also: keine Schließungen mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Ganz abenteuerlich wird Ihre Vereinbarung dann bei Ihrem Antrag zur Schließung von Schulen. Dabei glauben Sie, Sie könnten dem Arbeitskreis Schulentwicklungs-planung hier schon die Ergebnisse diktieren: Ich zitiere aus ihrem Antrag:„ Der Arbeitskreis bekommt den Arbeitsauftrag, im Jahr 2014 ein beschlussfähiges Ergebnis vorzulegen. Dabei sind zwei weiterführende Schulen und zwei Grundschulen zur Schließung zu benennen."
So, meine Damen und Herren von CDU und SPD - sind sie das?
Glauben Sie allen Ernstes, dass die übrigen Fraktionen sich von Ihnen die Ergebnisse schon mal vorab vorgeben lassen? Da machen wir nicht mit. Offenbar sind Sie sich in dieser Frage - und nicht nur in dieser - über die Kommunalwahl hinaus bereits einig geworden - die große Berliner Koalition lässt grüßen! Wir jedenfalls werden uns an keiner Schulentwicklungsplanung beteiligen, wenn diese Ergebnisse heute bereits festgeschrieben werden. Dann machen Sie das mal alleine. Klar ist jedenfalls: wer den Erhalt der Siegener Grundschullandschaft als Ziel wünscht, der darf viel tun, sicher aber nicht am 25. Mai 2014 CDU oder SPD wählen. Naja, Gott sei Dank, gibt es da ja eine wirklich gute Alternative!

Sehr geehrte Damen und Herren, das Gesamtpaket von CDU und SPD ist weder stimmig noch ausgewogen. Es ist ängstlich, wenn es um die Zweitwohnungssteuer geht und versucht sich im Nebulösen, wo Entscheidungen als wahlschädlich angesehen werden, wie z.B. bei den Bädern und bei den Schulen. Es wird Sie deshalb sicher nicht wundern: da machen wir nicht mit. Wir lehnen diesen Haushalt ab.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Für die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Siegen
Michael Groß
Fraktionsvorsitzender



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