Haushaltsrede zum Haushalt 2019

gehalten von Christiane Luke
am 20.12.2017

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Cavelius,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates,
sehr geehrte Gäste,

in unserer heutigen Haushaltsrede wollen wir uns zunächst mit einem Thema beschäftigen, dass allzu oft nicht die notwendige Beachtung erfährt: Die soziale Politik in unserer Stadt.
Ein besonderes Anliegen unserer Fraktion im vergangenen Jahr war die Verbesserung der Situation armutsgefährdeter, bedürftiger, wohnungsloser und obdachloser Menschen.
Nach einer Prognose gab es 2018 1,2 Millionen wohnungslose Menschen in Deutschland. Gründe dafür sind: Wohnungsmangel, hohe Mieten, Verarmung und sozialpolitische Fehlentscheidungen.

Maßgeblich für den dramatischen Anstieg der Wohnungslosenzahlen ist das fehlende Angebot an bezahlbarem Wohnraum. Der Sozialwohnungsbestand schrumpft ständig, seit 1990 in Deutschland um ca. 60 %. Stattdessen wurden und werden Wohnungen im gehobenen Segment gebaut. Auch in Siegen! In unserer Stadt gab es 1986 8714 Sozialwohnungen. 2017 waren es noch 2853. In den letzten 10 Jahren entstanden gerade mal 167 neue Sozialwohnungen!
Durch den Verkauf an private Investoren wurden die Reserven an bezahlbarem Wohnraum aus der Hand gegeben. Diese Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte wieder zu reparieren, bedarf es jetzt einer großen Anstrengung in der Wohnungsbaupolitik unserer Stadt. Eine moderne Stadt arbeitet heute für eine nachhaltige Entwicklung von Liegenschaften mit dem Ziel der Schaffung von Wohnraum in sozial durchmischten und städtebaulich wertvollen Quartieren.
Ein wichtiger Baustein ist hier sicherlich unser JAMAIKA-Antrag zum Wohnbaulandkonzept 2018, der vorsieht, bei künftig zu erschließenden Baugebieten mindestens ein Viertel der Flächen für den öffentlich geförderten Wohnungsbau bereitzustellen.
Das ist nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Es ist unabdingbar, dass auch die Universitätsstadt Siegen über die eigene Wohnungsgesellschaft KEG im Sozialen Wohnungsbau tätig werden muss.

Des Weiteren gilt es, die Situation der Ärmsten und Bedürftigsten in Siegen zu verbessern. Dazu hat die Stadtverwaltung Richtlinien erarbeitet, die einen Zuschuss in Höhe von 72.000 Euro auch in 2019 für den Tagesaufenthalt von Bedürftigen zur Verfügung stellt. Ein richtiges Signal geht vom Ausschuss für Soziales, Familien und Seniorenfragen aus, die Haushaltsmittel für die Verbesserung der Hilfsangebote für armutsgefährdete Menschen auf 100.000 Euro zu erhöhen.

Besondere Anstrengungen müssen weiterhin auf die schwierige Situation von jungen Menschen gerichtet werden, die wegen familiärer Probleme ein Leben auf der Straße führen. Noch mehr „aufsuchende Sozialarbeit“ und Angebote für niedrigschwellige, lebensorientierte Aktivitäten können hier sicherlich unterstützend und zielführend sein. Besonders lobend hervorzuheben ist das Bundesprogramm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit und Quartier“ BIWAQ und das Projekt DIAS.komm (Digitale Inklusion und Arbeit in Siegen-kommen Sie vorbei.)

An der Stelle möchten wir einmal einen besonderen Dank an die professionellen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Fachstellen und die ehrenamtlich tätigen Menschen richten, die immer wieder dazu beitragen, armutsgefährdeten Menschen Beistand zu leisten.
Das gilt auch für die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer und -helferinnen in dieser Stadt. Der professionellen Arbeit der Beratungsstellen der Flüchtlingshilfe, des Jobcenters und der Stadtverwaltung ist es zu verdanken, dass wir dem verstärkten Zuzug der vielen Geflüchteten gewachsen waren, die 2015 auch unsere Stadt vor zunächst unlösbar erscheinende Probleme stellte. Heute können wir sagen, dass viele der meist jungen Männer einer geregelten Arbeit nachgehen, ein Studium aufnehmen oder fortsetzen können. Auch hier sind wir auf gutem Wege.

Um Lebensqualität geht es auch beim Thema Sicherheit in unserer Stadt. Wiederholt haben wir uns im vergangenen Jahr mit dem Thema im Ausschuss für Feuerschutz, Sicherheit und Ordnung beschäftigt. Die Zeiten, in denen wir uns draußen aufhalten können, werden länger. Die warmen Temperaturen lassen dies zu. Natürlich ist das Zusammenleben aller Menschen nicht immer konfliktfrei, so auch, wenn sich viele im Stadtzentrum treffen. Aber das war es nie.
Laut Auskunft der Polizeibehörde ist die Straßenkriminalitätsrate seit 2006 zurückgegangen. Im Vergleich mit Städten unserer Größe liegen wir statistisch erheblich niedriger. Dies ist der deutlichen Präsenz von Polizei- und Ordnungsbehörden zu verdanken.
Zusammen mit einigen Ratsmitgliedern konnten wir uns bei einem abendlichen Stadtrundgang davon überzeugen, dass wir uns in unserer Stadt sicher bewegen können. Das Thema sollte aber auf der Agenda bleiben und wir sollten unsere Bemühungen für die Sicherheit weiter fortsetzen, damit möglichst viele Bürgerinnen und Bürgern diese Einschätzung teilen können.

Sehr geehrte Damen und Herren,
2018 war unter dem Strich ein gutes Jahr für unsere Stadt. Zwar ist die Finanzlage nach wie vor schwierig, aber der Rat der Stadt Siegen erliegt nicht der Versuchung, darauf mit politischem Stillstand oder gar mit dem Abbau unserer guten Infrastruktur in den verschiedenen Entwicklungsfeldern zu reagieren.
Das ist eher das Anliegen der Rechtspopulisten, die erst die guten Angebote in unserer Stadt zusammenstreichen wollen, um dann öffentlich zu beklagen, wie schlimm alles sei.
Was ist also aus unserer Sicht gelungen und wo müssen wir nachlegen?
Wie bereits gesagt bewerten wir GRÜNE das vorgelegte Wohnbaulandkonzept besonders positiv. Unsere Stadt braucht dringend mehr Wohnraum, um sich zu entwickeln, und zwar für alle Gruppen der Bevölkerung. Dass wir dabei mit unseren Koalitionspartnern eine Neubauquote für den sozialen Wohnungsbau durchsetzen konnten, freut uns natürlich besonders! Es liegt aber in der Natur der Sache, dass wir GRÜNE hier nicht jedem Bebauungsvorschlag folgen können. So ist eine Bebauung des Giersbergs am Bäumchenweg für uns genauso tabu wie die Bebauung des Wellersbergs außerhalb des alten Munitionsdepots.

Ein weiteres Highlight in der Stadtentwicklung sind die Maßnahmen rund um den Siegberg. Wir freuen uns außerordentlich, dass nun der Schlosspark um das Gelände der ehemaligen Jugendherberge erweitert und neugestaltet wird. Auch die Maßnahmen am eigentlichen Siegberg sehen wir positiv.

Dass man bei allem Erneuerungswillen nicht alles ändern sollte, zeigt die Debatte um die Fißmeranlage. Die öffentlichen Diskussionen im politischen Raum haben uns hier zum Umdenken veranlasst. Die Anlage ist von der Bevölkerung akzeptiert und gewollt wie sie ist und außer einigen altersbedingt notwendigen Reparaturen sehen wir hier nicht viel Handlungsbedarf.

Auf der Positivliste möchten wir auch die geänderte Parkraumbewirtschaftung nennen, für die noch benötigte Mittel im Nachtrag zum Haushalt bereitgestellt werden. Hiervon versprechen wir uns eine Verringerung des Parksuchverkehrs und damit eine Verbesserung der Luftqualität in der Innenstadt.

Positiv ist auch die grundsätzliche Entscheidung zur Schaffung eines besseren Raumangebotes an den Siegener Grundschulen. Auch hier bleibt aber in den nächsten Jahren noch viel zu tun.

In Geisweid geht es endlich mit dem Bau des Vollsortimenters am Rathaus voran. Wir freuen uns, wenn der Bau endlich steht und die Bürgerschaft eine attraktive Einkaufsmöglichkeit mehr im Geisweider Zentrum vorfindet.

Es gab also viel Licht in 2018, aber leider auch einigen Schatten.
Unsere Vorhaben zum Tourismusausbau und zur Stadtentwicklung sind zwar vom Rat beschlossen, bis zur Umsetzung ist noch ein weiter Weg. Ich nenne beispielhaft die Gestaltung der Siegufer in Weidenau oder den Wanderweg im Tiergarten und der Trupbacher Heide. Auch die Förderung des Radverkehrs steckt nach wie vor in den Kinderschuhen!

Sehr unzufrieden sind wir mit der Entwicklung rund um den Hallenbadneubau in Weidenau. Der mit viel Zeitdruck angeschobene Neubau lässt nach wie vor auf sich warten.
Ein Grund für die oft schleppende Umsetzung von Baumaßnahmen ist sicher die dünne Personaldecke im Bereich der Technischen Gebäudewirtschaft. Ich denke, hier sollten wir 2019 noch einmal genau hinsehen und prüfen, ob wir in diesen Bereich personell besser ausstatten sollten.

Das Jahr 2018 war für Deutschland das wärmste und trockenste Jahr seit Aufzeichnung des Wetters. Acht der neun wärmsten Jahre fallen in das noch junge 21. Jahrhundert. Die Klimaerwärmung muss im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder gestoppt werde. Aber alle Bemühungen in Siegen, erneuerbare und alternative Energieformen zu etablieren, sind bisher trotz jahrelangem Engagement gescheitert.
Hier müssen wir alle anpacken, auch und gerade wir als Kommunalpolitikerrinnen und Kommunalpolitiker. Zusammen mit der Stadtverwaltung müssen jetzt die Aufgaben von Stadtentwicklung, Umwelt-, Sozial- und Verkehrspolitik neu überdacht werden, um neue Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels zu finden.

Diese Stadt hat viele umweltbewusste Bürgerinnen und Bürger. Die möchten wir einladen mit uns zusammen unsere Stadt gesünder, sauberer und sozialer zu gestalten. Die Menschen erwarten von uns sichtbare Zeichen und politische Entscheidungen in die richtige Richtung. Dabei helfen keine kleinen zaghaften Trippelschritte, sondern mutige Maßnahmen und die Bereitschaft aller, unser derzeitiges oftmals gedankenloses Verhalten zu ändern, um den Klimawandel zu stoppen.

Hier sehen wir durchaus positive Ansätze auch bei der Stadt Siegen. So wurde im letzten Jahr die Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes beschlossen. Unsere Aufgabe wird nun sein, darauf zu achten, dass dieses Konzept nicht wie so viele andere in irgendwelchen Schubladen der Verwaltung verstaubt und nur noch in Sonntagsreden der Politiker eine Rolle spielt.
Die Beschaffung von 20 Elektro- bzw. Wasserstoff-PKW steht kurz bevor. Der seit mindestens 20 Jahren diskutierte Ersatz der elektrisch betriebenen Heizung der Gesamtschule Eiserfeld findet sich versteckt im Haushalt, das Dach der Siegerlandhalle wird, verbunden mit erheblichen Energieeinsparungen, saniert, um nur einige positive Beispiele zu nennen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
abschließend komme ich nun zu unseren Anträgen zum Haushalt 2019. Aufgrund der geringen finanziellen Spielräume haben wir uns hier weitgehend auf investive Maßnahmen begrenzt.
Wir müssen endlich einen wirksamen Einstieg in eine klimafreundliche Politik schaffen. Die 400.000 Euro, die wir in diesem Jahr für Photovoltaikanlagen vorsehen, sind hier ein guter, aber auch eindeutig nur ein erster Schritt! Hier geht es übrigens um eine Maßnahme, mit der wir Ökonomie und Ökologie geschickt verbinden können. Der Kreis hat für ähnliche Anlagen auf Schulgebäuden errechnet, dass sich diese bei einer Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren in 11-15 Jahren amortisiert haben.
Wir liegen damit ganz auf der Linie der NRW-Landesregierung. Diese hat angekündigt, dass der Anteil des Photovoltaikstroms in NRW auf 50 % des Stromverbrauchs steigen soll. Ein sehr ambitioniertes Ziel, wenn man bedenkt, dass der Anteil von Photovoltaik am Nettostromverbrauch 2018 bundesweit bei 8 % lag. In diesem Fall helfen wir gern mit, die Ziele der Landesregierung zu erreichen.

Die beschlossenen Konzepte zum Klima- und Insektenschutz müssen jetzt ebenfalls mit Leben gefüllt werden. Deshalb beantragt die JAMAIKA-Koalition für 2019 und 2020 je 50.000 Euro für diesen Zweck.

Im Rahmen des Klimakonzeptes muss der Radverkehr verstärkt in den Fokus gerückt werden. Wir wollen das Verkehrskonzept um Pläne für die Radwege-Verbindung zwischen den Siegener Stadtteile ergänzen. Hierfür werden etwa 30.000 Euro benötigt.
Wir sind gespannt auf die Vorlage dieses so erweiterten Mobilitätskonzepts und werden genau prüfen, ob es seinem Namen gerecht wird und wirklich einen substantiellen Beitrag hin zur dringend erforderlichen Verkehrswende auch in Siegen leisten wird.

Mit unseren Koalitionspartnern haben wir verabredet, das Thema Klimaschutz in den nächsten Monaten als Schwerpunktthema zu bearbeiten. Angedacht sind Initiativen in verschiedenen Bereichen, z.B. die vermehrte Beschaffung städtischer Fahrzeuge mit umweltfreundlichem Antrieb, um so den Ausstoß von Feinstaub und klimaschädlicher Gase zu verringern.

Meine Damen und Herren,
wir müssen uns alle den Herausforderungen des Klimaschutzes stellen. Hier sind erste Schritte aufgezeigt, auf denen wir weiter aufbauen können.
Tun wir es!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Für die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN
im Rat der Universitätsstadt Siegen
Christiane Luke
Stadtverordnete

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