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Durch die neue Sozialgesetzgebung SGB XII (Hartz IV) sind besonders die Kinder in ihrer materiellen, finanziellen und gesundheitlichen Versorgung betroffen. Die Erfahrung zeigt, dass das eigenverantwortliches „Ansparen“ für Anschaffungen – von Bekleidung bis zu Haushaltsgeräten – in finanziell armen Haushalten nicht annähernd funktioniert bzw. funktionieren kann. Davon abgesehen, dass zu Beginn der Umstellung ja noch niemand „Rücklagen“ für Anschaffungen gebildet haben konnte, setzt sich dieses Problem kontinuierlich fort. Die monatlichen Regelsätze sind so niedrig, dass in einer Familie davon kaum / nichts gespart werden kann.
An folgenden Beispielen soll der im Regelsatz vorgesehene geringe Anteil für Kinder und deren Bedürfnisse verdeutlicht werden:
Aber nicht nur Anschaffungen, sondern auch Kleinstbeträge und die Versorgung mit Essen ist nicht mehr gewährleistet. Ende des Monats ist kaum / kein Geld für die Finanzierung des Kakaogeldes, für das Frühstück, erst Recht nicht für die Klassenkasse oder eine Klassenfahrt, Hefte, Bücher, Kopien, Eintrittsgelder... übrig. Die erste Frage bei jeglichen Angeboten egal ob in Schule oder Kinder- und Jugendtreff lautet:
„Kostet das was?“
Viele Eltern sind in dieser Situation restlos überfordert. Mit 24 Jahren das vierte Kind, ohne stabile Beziehung, also auch ohne eigene Jugend, ohne entsprechende Ausbildung und Möglichkeiten. Die Armut wird von Generation zu Generation vererbt, weshalb meist auch keine Oma, kein Opa da ist, die mal aushelfen können. Man bleibt unter sich – kommt kaum aus dem Quartier raus. Viele der Mütter sind im Höchstfall zweimal im Leben bis nach Köln gekommen. Der Trend geht zu Technik - teils auf Kosten der Nahrungsversorgung. TV, Handy, Video, Spielekonsole – nicht zuletzt als Fluchtmittel aus Tristesse und Isolation.
Es kommt vor, dass Eltern nicht sehen, nicht sehen wollen, wie ihre Kinder herumlaufen und was ihnen fehlt. Eltern müssen von LehrerInnen und SozialarbeiterInnen sehr häufig auf ihre Verantwortung aufmerksam gemacht werden, erinnert und gefordert werden. Kinder sehen zunehmend in ihren Eltern nicht mehr ihre AnsprechpartnerInnen, nicht mehr diejenigen die für sie sorgen (können), auf die man sich verlassen kann. Das führt zu ständigen Konflikten zwischen Eltern und Kindern zum Beispiel bei geforderten Geldbeträgen seitens der Schule („Bitte bring morgen das Geld mit!“ „Du weißt doch, am Monatsende haben wir alle kein Geld mehr!“).
In Siegen werden ca. 150 Kinder in der Schulsozialarbeit betreut. Davon 54 am Fischbacherberg, 25 am Heidenberg aber auch in Weidenau, Eiserfeld...
Essen und feste Rituale sind von den Kindern sehr gefragt. Die Kooperation Schule und Sozialarbeit ist ein Erfolgsmodell, die Schule schickt die Kinder, die es brauchen, zur Schulsozialarbeit (ein niedrigschwelliges Angebot an Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII). Es gibt in der Schulsozialarbeit eine „gesunde Mahlzeit“, persönliche Zuwendung und Betreuung, Hausaufgabenhilfe, Gespräche mit Schule und Eltern. Dank privater Sponsorengelder ist eine Notfallhilfe möglich (Nachbar in Not, Frauen vom Golfclub) und Geld für Essen da.
Die offene Ganztagsschule (OGS) erreicht nicht die intensive sozialpädagogische Arbeit der Schulsozialarbeit. Das Angebot erreicht aber mehr Kinder und ist bei geringer finanzieller Ausstattung erstaunlich arbeitsfähig. Dadurch können viele Kinder im Rahmen der OGS Musikschule-, Sport- und Kulturangebote besuchen, die sie sonst nie auf Grund der Hürden wie Teilnahmegebühren, Mitgliedsbeiträgen sowie Fahrtkosten kennenlernen würden.
Kein Kind ohne Mahlzeit ist ein Programm der Landesregierung – im Rahmen der offenen Ganztagsschulen. Allerdings musste der begrenzte „Fördertopf“ schon nach kurzer Zeit aufgestockt werden, weil das Geld nicht reicht. Hinzu kommt, dass alle Eltern einzeln beim Amt antreten und selbst einen Antrag stellen müssen (früher konnten SchulsozialarbeiterInnen Hilfe-Anträge mit den Eltern ausfüllen, sammeln, abgeben), woran ein Großteil der Betroffenen scheiterten.
Die Siegener Tafel hat mit zunehmender Tendenz bereits 3300 KundInnen und versorgt einmal pro Woche die Förderschule mit geschmierten Broten. Sie arbeitet bislang ohne Zuschüsse aus dem Stadtsäckel. Ein Unding: Die Versorgung mit Lebensmittel wird zunehmend zur privaten Hilfeleistung.
Zunahme von Kinderarmut spiegelt logischerweise die soziale Gesamtentwicklung der Gesellschaft, wobei allerdings Kinder bzw. Familien mit Kindern ungleich öfter betroffen sind. Die Spaltung in der Gesellschaft wird größer. Chancengleichheit und Durchlässigkeit bei Bildungsangeboten geringer. Wir sehen grüne Mitverantwortung – s. Hartz IV – und Nachholbedarf in der grünen Sozialpolitik. Neben grünem Schwerpunkt vor Ort muss dies vor allem Richtung der Verantwortlichen in Bundesverband- und fraktion transportiert und kommuniziert werden.
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